„Zwangsbekehrung“ auf der Tagesordnung im Stadtparlament, mit Nachtrag

Bürste einer EAD Kehrmaschine, fotografiert beim Tag der offenen Tür 2015.

Die von ihren Gegnern so genannte „Zwangsbekehrung“ durch den EAD in Darmstadt ist nächste Woche ein Tagesordnungspunkt im Stadtparlament. Seit Seit Januar 2023 kehrt der EAD (Eigenbetrieb für kommunale Aufgaben und Dienstleistungen) in allen Darmstädter Straßen. Alle Grundstückeigentümer müssen dafür bezahlen, aber besonders in der Heimstättensiedlung und Wixhausen gab es Protest. Dort hatten die Eigentümer in vielen Straßen selbst gekehrt und wollten es auch weiterhin machen.

Jetzt hat Oberbürgermeister Hanno Benz (SPD) eine Oberbürgermeistervorlage ins Stadtparlament eingebracht, die beantragt, die neue Straßenkehrsatzung wieder einzukassieren. Und wieder nur noch dort zu kehren, wo der EAD bis Ende 2022 gekehrt hatte.

(€) Echo online: Darmstadts OB lässt erneut über das Straßenkehren abstimmen

Ich sehe ein, dass der EAD aus arbeitstechnischen Gründen gerne ganze Straßenzüge durchfahren möchte und nicht aufpassen will, wo genau er kehren muss und wo nicht. Aber dass nun auch in größeren Quartiere gekehrt wird, wo vorher nicht gekehrt wurde, und wo es die Eigentümerinnen und Eigentümer auch selber machen wollen, finde ich ich etwas eifrig.

Ich finde es ja auch interessant, dass die SPD, die ja eher für Gemeinwirtschaft steht, bei der Kehrwoche in Darmstadt keine kommunale, sondern eher für eine Praxis à la FDP mit Eigenverantwortung ist. So dass ich vermute, dass die Position der Genossen eher darin begründet ist, dass die SPD in der Heimstättensiedlung und in Wixhausen recht viele Anhänger hat.

Ich vermute, dass der Oberbürgermeistervorschlag von den Koalitionsfraktionen Grüne, CDU und Volt abgelehnt wird. Warum sollten sie jetzt ihre Meinung ändern? Zudem gehen der Stadt dann die Erträge aus den Jahresgebühren verloren. Aber vielleicht wird die Vorlage ja zur Beratung in die Ausschüsse überwiesen und es findet sich ein Kompromiss.

Aber es gibt natürlich noch einen parteipolitischen Grund für die Koalition, dem OB nicht zuzustimmen: Würde man der Vorlage zustimmen, könnte die SPD bei der nächsten Kommunalwahl 2026 auf ihren Erfolg bei der Abschaffung der Kehrgebühren verweisen. Ebenso wäre das ein Erfolg für Hanno Benz. Der in diesem Jahr die Stichwahl gegen den Grünen-Kandidaten Michsel Kolmer gewonnen hatte. Und sowas will man nicht riskieren. Allerding war das nicht anders als noch Rot-Grün in Darmstadt regierte. Da wurde der Opposition auch kein Stich gegönnt.

Ich als Mieter im Johannesviertel bin nicht von der neuen Straßenkehrsatzung betroffen, hier kehrt der EAD schon sehr lange.

Nachtrag, 3. November 2023: Das Stadtparlament hat mit einer breiten Mehrheit die OB-Vorlage abgelehnt. Maßgeblich zu Anlehnung trugen die Koalitionsfraktionen aus Grünen, CDU und Volt bei, die hätten es mit ihrer Mehrheit aber auch alleine geschafft. Keine Ausschussübherweisung, warum auch, es ging ja nicht um die Sache, sondern um den Schlagabtausch, den man in die jeweilige Bilanz für die Kommunalwahl 2026 einbringen kann.

Ein Rückblick zum Wechsel von OB Jochen Partsch auf OB Hanno Benz

Jochen Partsch beim Wahlabend 2011 im Justus-Liebig-Haus und beim Wahlabend 2023 in der Centralstation.

Ja, nun steht fürs Wochenende die Amtsübergabe von Jochen Partsch (Grüne) auf Hanno Benz (SPD) an.

Jetzt erscheinen so Rückblicke zum Ende der Amtszeit des OB Jochen Partsch. Und ich überlege, was ich hier schreiben könnte. Ich finde Jochen ja ganz sympatisch und er kann auch mit Verve reden und einen mitziehen. Aber ich erinnere mich noch, wie ich 2011 eine gewisse Aufbruchstimmung bei mir merkte, als Jochen Partsch gewählt wurde und den nicht gut agierenden Walter Hoffmann (SPD) ablöste. Diese Aufbruchstimmung spüre ich jetzt leider nicht. Was aber daran liegt, dass ich zwölf Jahre sehen konnte, wie Grün-Schwarz regiert. Und das war vom Stil her leider – von Anfang an – nicht so groß anders als sonst. Ich habe das hier im Blog regelmäßig beschrieben, wenn ich es mitbekommen hatte.

Ich verweise mal auf die Kategorie „Neuer Politikstil“, den Blogeintrag zum verlorenen „Grünen Kompass„, wie Bürger ignoriert wurden, das Geständnis „… die neue Kommunikations- und Politikkultur nicht wirklich gelebt“ und meinen Kommentar nach den ersten 100 Tagen Grün-Schwarz 2011: 100 Tage Grün-Schwarz in Darmstadt – Hoffentlich bald weniger „amerikanisches Theater“

Ach ja und dann war da ja noch die aktuelle Operation „Strippen ziehen und Zement anrühren“ nachdem klar war, dass Hanno Benz OB wird: Und zum Abschied das was vom neuen Politikstil in Darmstadt übrig geblieben ist. Und dann war da ja noch die Einladung an die SV 98-Spieler, sich nach dem Wieder-Aufstieg in die 1 Bundesliga 2023 ins Goldene Buch der Stadt einzutragen. Bei der man leider, leider zufällig vergessen hatte, auch die Magistratsmitglieder der Opposition einzuladen.

Das war jetzt auch nur der Stil, denn fachlich wurde mit Wasser gekocht. Die ersten fünf Jahre ist wenig passiert und Projekte wie das Berufsschulzentrum sind noch nicht fertig, das Nordbad und das SV 98-Stadion (Themen, deie es schon 2011 gab) wurden auch erst nach der Kommunalwahl 2021 fertig. Die im Wahlkampf 2016 angekündigten 10.000 Wohnungen waren nach fünf Jahren bei weitem nicht da und der Radverkehr bekam seinen Schub durch die Initiative Radentscheid sowie die Deutsche Umwelthilfe und nicht durch die Grün-Schwarze-Koalition, die übernahm Konzepte aus demn Radentscheid. Ach ja, einen Verkehrsentwicklungsplan gibt es trotz laufender Verkehrswende immer noch nicht, nachdem man den alten mit Abplanung der Nordostumgehung ab 2011 obsolet gemacht hatte.

(Dabei glaube ich nicht, dass das „typisch Grün“ oder „typisch CDU“ ist, sondern dass das „typisch Regierung“ ist.)

Trotz SPD-Erfolgen in Arheilgen und bei der Lichtwiesenbahn tritt Hanno Benz zurück

Hanno Benz, bislang Vorsitzender der SPD-Fraktion im Darmstädter Stadtparlament, wird sein in der Kommunalwahl am 6. März errungenes Mandat nicht annehmen.

Die Ursachen hierfür seien vielfältig und nicht nur in der Kommunalpolitik begründet, teilt er mit. Er blickt dabei auch auf das SPD-Ergebnis von 17,2 Prozent in Darmstadt und stellt fest, dass es nicht gelungen sei, die SPD wieder für breite Wählerschichten attraktiv zu machen.

Hanno Benz tritt ab, obwohl er und die SPD in seinem Stadtteil Arheilgen relativ gut abgeschnitten haben.

Gerade gestern hatte ich nochmal einige Ergebnisse mit Blick auf Stadtentwicklung angeguckt:
– Eberstadt, wegen dem dort gebauten Kreisel am nördlichen Ortseingang.
– Arheilgen, wegen der Pläne die Frankfurter Straße bei Merck zu verengen.
– Das Wahllokal Georg-Büchner-Schule (GBS), wegen der geplanten Lichtwiesenstraßenbahn.

SPD, CDU und Grüne in Arheilgen, Eberstadt und im Wahllokal Georg-Büchner-Schule. Die y-Achsen sind bei den einzelnen Parteien nicht gleich.


Und aus diesen Kurven könnte man ablesen, dass Grün-Schwarz verliert, wenn es – wie mit den oben genannten Projekten – konkret wird.

Wenn man CDU und SPD in Arheilgen vergleicht, sieht man dass die Union in Arheilgen verliert, während die SPD scheinbar die Kurve kriegt.

Im Wahllokal GBS legt die SPD sogar zu, wärend die CDU dort stärker verliert als in Arheilgen. Die Grünen verlieren im Wahlbezirk GBS und sowie in Arheilgen relativ mehr als in der Gesamtstadt.

Nachtrag: Man kann auch bei der Uwiga so einen Zusammenhang herstellen: Gewinne in der GBS und in Arheilgen:

Wenn 64,6 Prozent ein ehrliches Ergebnis sind, was sind dann 99,02 Prozent?

Rosemarie Lück, Sozialdezernentin im Landkreis Darmstadt-Dieburg, ist mit 101 von 102 Stimmen von der SPD als Kreisbeigeordnete nominiert worden. Das sind 99,02 Prozent.

Hm, nun, als 2010 Hanno Benz in Darmstadt-Wixhausen vom Parteitag – als einziger Kandidat – mit 64 von 99 Stimmen (64,6 Prozent) zum Darmstädter SPD-Vorsitzenden gewählt wurde, sprach der hessische SPD-Landesvorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel von einem „ehrlichen Ergebnis“. Es sei glaubwürdiger als ein Ergebnis über 90 Prozent.

SPD-Neujahrsempfang in Arheilgen mit Ralf Stegner

Ralf Stegner beim Arheilger SPD-Neujahrsempfang: „Die SPD wird immer daran gemessen, dass sie sich für das Gemeinwohl einsetzt. Wir haben vor ein paar Jahren den Kurs verlassen und das bitter bezahlt.“

Der Arheilger SPD gelingt es immer wieder für ihren Neujahrsempfang im Goldnen Löwen Genossen aus der Bundespolitik als Festredner zu gewinnen. Unter anderem redeten 2007 Sigmar Gabriel, 2011 Franz Müntefering oder 2014 Kurt Beck. Dieses Jahr sprach am Samstag (10.) Ralf Stegner (55) zu 120 Gästen. Er ist stellvertretender SPD-Bundesvorsitzender sowie Partei- und Fraktionsvorsitzender in Schleswig-Holstein und wird zum linken Parteiflügel gezählt.

Arheilgens SPD-Vorsitzender und Fraktionsvorsitzender im Stadtparlament Hanno Benz kritisierte, Weiterlesen