Ein Rückblick zum Wechsel von OB Jochen Partsch auf OB Hanno Benz

Jochen Partsch beim Wahlabend 2011 im Justus-Liebig-Haus und beim Wahlabend 2023 in der Centralstation.

Ja, nun steht fürs Wochenende die Amtsübergabe von Jochen Partsch (Grüne) auf Hanno Benz (SPD) an.

Jetzt erscheinen so Rückblicke zum Ende der Amtszeit des OB Jochen Partsch. Und ich überlege, was ich hier schreiben könnte. Ich finde Jochen ja ganz sympatisch und er kann auch mit Verve reden und einen mitziehen. Aber ich erinnere mich noch, wie ich 2011 eine gewisse Aufbruchstimmung bei mir merkte, als Jochen Partsch gewählt wurde und den nicht gut agierenden Walter Hoffmann (SPD) ablöste. Diese Aufbruchstimmung spüre ich jetzt leider nicht. Was aber daran liegt, dass ich zwölf Jahre sehen konnte, wie Grün-Schwarz regiert. Und das war vom Stil her leider – von Anfang an – nicht so groß anders als sonst. Ich habe das hier im Blog regelmäßig beschrieben, wenn ich es mitbekommen hatte.

Ich verweise mal auf die Kategorie „Neuer Politikstil“, den Blogeintrag zum verlorenen „Grünen Kompass„, wie Bürger ignoriert wurden, das Geständnis „… die neue Kommunikations- und Politikkultur nicht wirklich gelebt“ und meinen Kommentar nach den ersten 100 Tagen Grün-Schwarz 2011: 100 Tage Grün-Schwarz in Darmstadt – Hoffentlich bald weniger „amerikanisches Theater“

Ach ja und dann war da ja noch die aktuelle Operation „Strippen ziehen und Zement anrühren“ nachdem klar war, dass Hanno Benz OB wird: Und zum Abschied das was vom neuen Politikstil in Darmstadt übrig geblieben ist. Und dann war da ja noch die Einladung an die SV 98-Spieler, sich nach dem Wieder-Aufstieg in die 1 Bundesliga 2023 ins Goldene Buch der Stadt einzutragen. Bei der man leider, leider zufällig vergessen hatte, auch die Magistratsmitglieder der Opposition einzuladen.

Das war jetzt auch nur der Stil, denn fachlich wurde mit Wasser gekocht. Die ersten fünf Jahre ist wenig passiert und Projekte wie das Berufsschulzentrum sind noch nicht fertig, das Nordbad und das SV 98-Stadion (Themen, deie es schon 2011 gab) wurden auch erst nach der Kommunalwahl 2021 fertig. Die im Wahlkampf 2016 angekündigten 10.000 Wohnungen waren nach fünf Jahren bei weitem nicht da und der Radverkehr bekam seinen Schub durch die Initiative Radentscheid sowie die Deutsche Umwelthilfe und nicht durch die Grün-Schwarze-Koalition, die übernahm Konzepte aus demn Radentscheid. Ach ja, einen Verkehrsentwicklungsplan gibt es trotz laufender Verkehrswende immer noch nicht, nachdem man den alten mit Abplanung der Nordostumgehung ab 2011 obsolet gemacht hatte.

(Dabei glaube ich nicht, dass das „typisch Grün“ oder „typisch CDU“ ist, sondern dass das „typisch Regierung“ ist.)

Die Darmstädter Grünen und ihr politischer Kompass

Hurra, Politikberatung beim Zeitsturmradler. Und weil sie kostenlos ist, ist sie öffentlich. Diesmal „grünenfeindlich“.

Ich habe das Gefühl, die Darmstädter Grünen verlieren ihr politisches Gespür. Es gibt inzwischen einige Entscheidungen von Grün-Schwarz, bei denen ich mir ziemlich sicher bin, dass die Grünen die heftig bekämpfen würden, wenn die von einem Schwarz-Roten oder Rot-Schwarzen Magistrat gekommen wären.

Ich denke da an die ganze Westwaldsituation. Die Westwaldallianz dürfte nach neun Jahren mit einem Grünen OB und einer von den Grünen dominierten Koalition mit der CDU doch gar keinen Grund mehr haben, aktiv zu sein.

Und dann erinnere ich mich noch an die Westumfahrung (ist die noch geplant?), eine Verbindung zwischen südlichem Eifelring und Eschollbrücker Straße, die am Rand durch den Westwald führt. Die wurde noch nach 2011 vorangetrieben und die damalige Dezernentin zündere auch mal dreist eine schöne Nebelkerze in einem Ausschuss.

Oder wie 2018 eigentlich Verbündete der Grünen (Radfahrer- und Fußgängerverbände) vom „konzeptionslosen Stillstand“ bei der Verkehrsentwicklung sprachen. Und ich erinnere mich, dass es beim Runden Tisch Radverkehr auch eine lange Zeit nicht voranging. Was schließlich in den Radentscheid mündete, in dem eine Bürgerinitiative die Grün-Schwarze Koalition zum Jagen getragen hatte. Ich weiß ja nicht, was da an Pressemitteilungen gekommen wäre, wenn es das unter einem SPD-Verkehrsdezernenten gegeben hätte.

Und das private Bauvorhaben hinten beim Bürgerpark gegenüber des Biergartens. Natürlich kann man da was bauen, man kam ja auch bislang nicht auf die Fläche, weil sie eingezäunt ist. Und man merkt auch gar nicht, dass da was fehlt. Aber der Ansatz der dortigen Bürgerinitiative, die das Areal als Teil des Bürgerparks sieht, ist nachvollziehbar.

Dann der Friedensplatz, der so gar keine Antwort auf den Klimawandel in einer Stadt ist. Eine Freifläche ohne Schatten, die sich im Sommer aufheizt. Und hätte ein SPD-Baudezernent „Das ist ein Platz und keine Grünanlage“ gesagt, würden Grüne in der Opposition doch auf die berühmten harten Bänke steigen und protestieren.

Dann denke ich da die Bürgerbeteiligung beim Aldi in Arheilgen, wo die Bürger erstmal zu spät und dann nur informiert werden, weil das Projekt schon so gut wie beschlossen ist. Auch wenn viele Arheilger dort keinen Aldi wollen.

Weiter: Die Art und Weise, wie Bürger ignoriert werden, die nicht auf Linie der Grünen sind. Da kommt 2012 kein Grüner zu einer Planungswerkstatt zum ehemaligen Radio-Wilms und 2020 kommen nur zwei CDU-Vertreter zu einer Veranstaltung der „Interessengemeinschaft Eberstädter Wald„.

Und eben die Regionalentwicklung. Da gab es das „Regionale Entwicklungskonzept Südhessen“ im November 2019 in dem es schon um den Wald ging und jetzt den Masterplan, bei dem die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald aktiv wurde. Und wo die Grün-Schwarze Koalition dann doch – unter heftigen Rückzugsgefechten, dass doch alle alles falsch verstanden und nur skandalisiert hätten – eindeutigere Formulierungen in den Masterplan reinschrieb.

Was ich in der ersten Version vergessen habe ist auch der immer wiederkommende Ärger zwischen der städtischen Bauverein AG und ihren Mietern. Den gibt es allerdings nicht erst mit Grün-Schwarz, denn da hatte sich schon die SPD nicht mit Ruhm bekleckert, wenn die städtische Tochter wieder mal zu marktwirtschaftlich agierte. Aber warum passiert das immer wieder?

Ja, und dann ist da noch das was nicht da ist: Ein Verkehrsentwicklungsplan. Denn der ist im Masterplan nicht mit drin. Da wird 2011 die Nordostumgehung abgeplant, eine Trasse, mit der der alte Plan berechnet wurde. Aber anstelle gleich mit einem neuen Verkehrskonzept anzufangen, wurde damit bis März 2016 gewartet um es gemeinsam mit dem Masterplan zu machen. Was nicht gelang. Jetzt haben wir zwar einen Masterplan, und noch immer kein Verkehrskonzept. Schaffen aber vollendete Tatsachen wie eine Straßenbahn zur Lichtwiese, Protected Bike Lanes, Fahrradstraßen und breitere Radwege und denken über Straßenbahntrassen nach Weiterstadt und Groß-Zimmern nach.

Ich denke, das sind und waren alles sinnvolle Hinweise aus der Bürgerschaft, und man sollte das nicht so einfach als Miesmacherei oder Verschwörung der bösen Opposition und Medien abtun. Warum wohl wurde die SPD 2011 erst so krachend ab- und 2016 nicht wiedergewählt? Weil die es sich so einfach gemacht hatte.


Nachtrag, ein aktuelles Beispiel, Echo online, 31.8.2020: Auf einem 2700 Quadratmeter großen Grundstück in der Eberstädter Villenkolonie, das die Stadt verkauft hat, wurden sechs Bäume gefällt, darunter über 100 Jahre alte Buchen und Eichen

2.9.2020: Beschwerde gegen Umweltamt und Bauaufsicht der Stadt eingereicht

9.9.2020: Stadt Darmstadt verteidigt Fällen der Bäume in Eberstadt

18.9.2020: Offensichtlich mussten auch gesunde Bäume fallen, obwohl sie nicht im Baufenster standen

Eine Auszeichnung! Hurra!

Bevor ich es vergesse: Ich bin vor zwei Wochen ausgezeichnet worden. Auf Facebook. Ich hätte eine „allseits bekannte Grünen-Feindlichkeit“ wurde mir von einem Grünen in einem Strang auf meiner Pinnwand attestiert. Wo steht jetzt genau, dass der Oberbürgermeister diese Wohnungen baut. Wenn schon Wortklauberei dann bitte richtig. Ich habe im übrigen den Koalitionsvertrag zitiert, da er hier das Maß der Dinge ist. Solltest du trotz deiner allseits bekannten Grünen-Feindlichkeit wissen.Ja, so einfach machen sich es einige, wenn man nicht immer der Meinung ihrer Stadtregierung ist. Die Behauptung ist billige Propaganda, damit macht man es sich leicht machen kann und muss nicht nachdenken, ob meine Meinung nicht doch mal richtig sein könnte.

Andererseits, „allseits bekannter Grünen-Freund“ wäre für einen Journalisten eine zweifelhafte 08/15-Auszeichnung.

Dass ich vielleicht eher regierungskritisch sein könnte, kommt da wegen der grünen Brille, mit der auf alles geguckt wird, nicht in den Sinn. Wer bekam denn hier im Blog vor 2011 von mir Feuer, so sehr, dass ich mich damit um einen Job brachte? Genau, der damalige SPD-OB und die damalige HSE-Führung.

Nachtrag: Ob ein Koalitionsvertrag oder ein Wahlversprechen das Maß aller Dinge ist, entscheiden bei uns am Ende immer noch die Wählerinnen und Wähler. Aber nur mal zum Nachdenken: Was soll man von einer Partei halten, die im Wahlkampf ganz tolle Sachen verspricht, aber die im Koalitionsvertrag nicht unterbringt?

„Wo alle dasselbe denken, wird nicht mehr viel gedacht.“
Heiner Geißler

Ein „Blitzlicht zum damaligen Zeitpunkt“ auf den Neuen Politikstil bei den Plänen zum Rathausneubau

Das aktuelle Rathaus (nur der Eingang) am Luisenplatz.

Auf eine große Anfrage der SPD-Fraktion zum Rathausneubau gibt es Antworten. Eine finde ich recht interessant:

Echo online, 1.11.2013 – Stadt will nach Verwaltungs-Umzug Technisches Rathaus und Ordnungsamt verkaufen – Abschließend fragt die SPD, wie der Magistrat das Ergebnis der Bürgerumfrage zum Rathaus-Neubau bewerte. Dabei hatten 76,3 Prozent der Befragten das Projekt als unwichtig bewertet. Dies sei aus Sicht des Magistrats nur „ein Blitzlicht zum damaligen Zeitpunkt“, heißt es in der Antwort. Man wolle das Projekt künftig umfassend erläutern.

Auf gut deutsch: Die Befragten war ja nur zu doof die Genialität, Bedeutung und Tragweite des Projekts zu erkennen.

Das alte Rathaus am Marktplatz.

Also echt, ein Millionenprojekt, das nie Thema im Kommunalwahlkampf war und auch nicht im Koalitionsvertrag drinsteht, wird jetzt, … Moment mal … Was ärgere ich mich da? Das ist die ultimative Sichtweise, so machen wir das jetzt immer. Was einem nicht in den Kram passt, ist ein „ein Blitzlicht zum damaligen Zeitpunkt“ und darf, nein, muss sogar ignoriert werden. Zum Wohle aller.

Darmstadt braucht Wohnungen? Ach was, „ein Blitzlicht zum damaligen Zeitpunkt“. Studierende auf die Konversionsflächen? Ein „Blitzlicht“! Im 100 Jahren sieht das schon ganz anders aus. Hoher Bedarf bei Kinderbetreuung? Egal, „ein Blitzlicht zum damaligen Zeitpunkt“. Weltkulturerbe Mathildenhöhe, Denkmalschutz, strukturelles Defizit, Straßensanierung, marode Kanäle? Wurscht. Erdgeschichtlich betrachtet ist das alles nicht mal ein Blitzlicht, maximal ein millisekundenlanges Aufblinken am anderen Ende der Galaxis.

Das Kollegiengebäude (Sitz der Regierungspräsidentin) am Luisenplatz ist angeblich zu klein. Nur: Welche Behörden braucht der Bürger denn gleichzeitig an einem Platz? Bauamt und Sozialamt wird man so gut wie nie gleichzeitig benötigen. Man könnte also bei mehreren Gebäuden bleiben und das Kollegiengebäude wäre wenigstens etwas repräsentativ.

Deswegen wird im Februar 2014 auch einfach die alte Landesregierung in Wiesbaden weiterregieren, die Wahl vom September war nur „ein Blitzlicht zum damaligen Zeitpunkt“. Dem Wähler waren war das was er tat, einfach nicht umfassend genug klar geworden. Ebenso: Der Grüne Jochen Partsch ist OB? „Ein Blitzlicht zum damaligen Zeitpunkt.“ Kommunalwahl 2011? Pfft! „Ein Blitzlicht zum damaligen Zeitpunkt.“ SPD-Dezernenten abgewählt? Ungültig! „Ein Blitzlicht …“ – Moment … da bin ich mir jetzt gar nicht so sicher. „Ein Blitzlicht zum damaligen Zeitpunkt“, so ein Spruch ist doch eigentlich nur dem SPD-Baudezernenten zuzutrauen, sowas würde doch keiner von den Grünen vertreten, der Partei für Bürgerbeteiligung, Bürgerrechte und Bürgerinitiativen.

Der Marienplatz, der angeblich beste Standort für ein Rathaus. Dabei sind dort – besonders bei Regen – Feuchtbiotope, die Lebensraum für zig Lebewesen bieten.

Entfernte Citytunnelkunst – Wer war „der Magistrat“?

Schraffuren und Pflanzrohre des Künstlers Helmut Lander zierten bislang die Brüstungen des Wilheminentunnels.

Die Darmstädter SPD-Fraktion kritisiert, wie der Magistrat der Stadt Darmstadt mit den Arbeiten im City-Tunnel des kürzlich verstorbenen Künstlers Helmut Lander umgegangen ist. Seit Mitte Juni werden die Betonbrüstungen des Citytunnels saniert. Dabei wurden Dekorationen des Künstlers entfernt und die Familie nicht informiert.

Die kulturpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion Dagmar Metzger stellt sich die Frage, wer in Darmstadt eigentlich darüber entscheidet, wann Kunst nicht mehr zeitgemäß sei. Die Arbeiten Helmut Landers hätten das Stadtbild geprägt. Dagmar Metzger blickt auch auf die Urheberrechte des Künstlers und erinnerte an den Urheberrechtsstreit des Architekten von Gerkan um die Deckengestaltung des Berliner Hauptbahnhofs. Die Deutsche Bahn habe den Rechtsstreit verloren und konnte sich nur durch einen Vergleich mit dem Architekten einigen.

Im Echo-Artikel zu den entfernten und teilweise abgebauten Werken stand zu dem Thema:

Echo online: Am Citytunnel werden Dekorationen von Helmut Lander entfernt – Der Magistrat habe sich gegen die Rekonstruktion entscheiden, weil sie „als Kunstwerke nicht mehr in unsere Zeit passen.“

Frage ist – nach einem Hinweis den ich bekam – nur, wer „der Magistrat“ war. Denn nach meinen Informationen war über die Entfernung der Tunnelkunst dort nicht gesprochen worden. Und auch in der Magistratsvorlage zur Tunnelsanierung steht nichts zu den Kunstwerken. 2006 waren „eine Vielzahl von Schäden“ festgestellt worden und der Tunnel sollte, klarer Fall, das war unstrittig, saniert werden.

Magistratsvorlage 2012/0131: Tunnel Wilhelminenstraße, Sanierung – Daraus ergibt sich die Notwendigkeit einer grundhaften Instandsetzung der Rampenstützwände und Notausgänge. Es ist geplant, die Arbeiten an allen Rampenstützwänden und Notausgängen der Ein- bzw. Ausfahrrampen (Hügelstraßen West, Hügelstraßen Ost, Rheinstraße, Mathildenplatz sowie Ausfahrt vom Parkhaus auf die Rheinstraße) und den 8 Notausgängen im November 2012 zu beginnen und im Juni 2013 zu beenden. Die Kosten der Betoninstandsetzungsmaßnahme liegen bei rd. 1,1 Mio. EUR einschließlich der Planungs- und Bauüberwachungskosten.

Wie ich erfuhr, hat Oberbürgermeister Jochen Partsch am Freitag (1.) auf Landers Beerdigung eine Trauerrede gehalten und unter anderem sich bei der Familie persönlich entschuldigt und gesagt, dass es ihm und der Stadt leid tue, dass nicht vorher mit der Familie gesprochen worden sei.

Darmstädter Koalition im Handelsblatt

Die Darmstädter grün-schwarze Koalition wird im Handelsblatt als Beispiel für Schwarz-Grün genannt. Klar, geht. Aber so gut es ist, dass die Darmstädter SPD nach 60 Jahren in der Stadtregierung mal so richtig in der Opposition ist; die CDU ist ein pflegeleichter Partner, der froh ist, mal wieder mitzuregieren. Die SPD wäre anstrengender gewesen. Und wurde zuvor jahrelang die Union ausgegrenzt, wird nun das Spiel mit der SPD gespielt. Auch wenn im Wahlkampf noch von einem Neuen Politikstil gesprochen wurde.

Auch das im Handelsblatt erwähnte „für parteipolitische Differenzen sei gar keine Zeit“, stimmt vielleicht innerhalb der Koalition. Aber die Stadtparlamentssitzungen dauern genauso lang (wie reden von mehreren Stunden, mindestens vier) wie zu rot-grünen Zeiten. Weil eben die grün-schwarze Mehrheit der Opposition selten was gönnt und die dann halt das macht was ihr übrigbleibt: Nachfragen und Finger in die Wunden legen. Wobei die SPD auch ziemlich anstrengend sein kann – was aber auch wieder am Ausgrenzen liegt.

Aber wenn es eng wird, dann kommen Appelle, dass man doch in einem Boot sitze. Dann soll man bei der HSE oder beim Klinikum nicht so nachfragen („Je länger wir diskutieren, ob da jemand beim Klinikum was versteckt, desto weniger tun wir der Einrichtung einen Gefallen“, sagte ein Koalitionär auf der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am 9.10.2013).

Die Opposition in der Lichtwiesenstraßenbahn mitnehmen

Die Stadt plant einen Straßenbahnabzweiger von der Nieder-Ramstädter Straße zur Lichtwiese, um die TU besser anzuschließen. Kann man machen, kostet halt ein paar Millionen.

Jetzt ist die Opposition bis auf die Uwiga eigentlich für das Projekt, weist aber auf einiges hin:

Echo online: Entscheidung für Straßenbahn-Abzweig zur Lichtwiese – Die jährlichen Betriebskosten veranschlagte Baudezernetin Lindscheid mit 654.000 Euro. Georg Hang (Uffbasse) kam dagegen auf fast 900.000 Euro, da man die Finanzierungskosten und jährliche Abschreibung mitrechnen müsse. (…) Die Oppositionsfraktionen im Parlament sprachen sich im Grunde meist auch für die Straßenbahn aus, kritisierten aber, dass nun vor dem Vorliegen ausstehender Untersuchungen schon die Umsetzung beschlossen werden solle. (…) und Hang verwies darauf, dass sich die Stadt mit der Beantragung der Landeszuschüsse noch bis Juni nächsten Jahres Zeit lassen könne.

Da frage ich mich, warum man bei der Konstellation nicht auf einen gemeinsamen Beschluss hinarbeitet. Die Vorlage ist beim Punkt zwei nunmal handwerklich nicht sauber gemacht (Hervorhebung von mir).

Es wird zugestimmt, den Mitfall II (Führung über den Lichtwiesenweg) weiter zu verfolgen und umzusetzen. Der kommunale Eigenanteil für die Investitionskosten in Höhe von € 2,87 Mio. wird entsprechend dem Planungs- und Bauablauf zur Verfügung gestellt. Der Betriebskostenzuschuss in Höhe von € 654.000 pro Jahr wird ab der Inbetriebnahme voraussichtlich im Dezember 2017 auf einer neuen Kostenstelle bereitgestellt.

Das hätte man ohne weiteres ändern können. Als das im Bauausschuss angesprochen wurde, hatte ich ja den Eindruck die Koalition versteht das nicht, aber nach fast zwei Wochen, hätte man ja schlauer geworden sein können. Was vergibt man sich denn, wenn man die Bedenken berücksichtigt?

Aber da müsste man ja einen kleinen Fehler zugeben und hätte seinen schönen Platz im Schützengraben verlassen müssen, in dem es inzwischen weich und warm ist. Und man kann später – unter Verkürzung der Tatsachen – der Opposition vorwerfen, dass sie ja damals böse und gegen das tolle Projekt war und es sich auf seine Fahnen schreiben. Das ist es, was man sich vergibt, das ist alles mögliche, aber wieder Mal kein Neuer Politikstil.

Und noch der Hinweis: Das mit dem Neuen Politikstil ist ja was von den Koalitionsvertretern.

Eine weitere Folge des Neuen Politikstils

Die Grünen-Fraktion im Stadtparlament reduziert sich um einem Stadtverordneten. Die Fraktion hat beschlossen sich wegen verschiedener Ansichten vom Fraktionsmitglied Jörg Bergmann zu trennen. Dieser will sein Mandat behalten.

Echo online: Grüne schließen Jörg Bergmann aus

Grüne und CDU halten mit den verbleibenden 40 Stadtverordneten weiterhin die Mehrheit der 71 Sitze.

Zugegeben, es gibt inzwischen mehr Bürgerversammlungen, aber nach innerparlamentarisch sehe ich vom Neuen Politikstil eher wenig. Wie sagte es mal Heiner Geißler? „Wo alle dasselbe denken, da wird nicht viel gedacht.“

Wildtierverbot – und es gibt doch den neuen Politikstil

Donnerstag (14.3.) wurde es im Stadtparlament relativ spät. Normalerweise endet eine Sitzung um 22 Uhr, aber da der Tagesordnungspunkt zur Aufhebung des Wildtierverbots um fünf vor zehn aufgerufen wurde, beantragte Uffbasse-Fraktionschefin Kerstin Lau, den Punkt doch zu behandeln.

Grüne und CDU sprachen nicht dagegen – obwohl es ein Uwiga-Antrag war, der einen grün-schwarzen Beschluss aufheben wollte. OK, richtig vermeidbar war er nicht, denn es gab ja das Verwaltungsgerichtsurteil, das das Wildtierverbot für Zirkusse in einem Beschluss aufgehoben hatte, weil der Zirkus Krone geklagt hatte.

Woraufhin die Uwiga beantragte den früheren Beschluss aufzuheben, „um weitere rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden und die Verwaltung von dem Beschluss der Stadtverordnetenversammlung zu entbinden.“

Das hätte ja schon genug des neuen Politikstils sein können, aber es gab noch eine Zugabe. Erstens wurde zugestimmt und zweitens einem weitern Vorschlag der Opposition zugestimmt. Ein Änderungsantrag von Uffbasse wurde teilweise übernommen: Zirkusse müssen künftig „eine Haftpflichtpolice und ein schlüssiges Sicherheitskonzept hinsichtlich Stabilität und Ausbruchssicherheit der Transporter, Stallzelte und Gehege“ ihren Anträgen beilegen.

Echo Online: Parlament kassiert Wildtierverbot wieder
Uwiga-Antrag zum Antrag zum “Wildtierverbot” (PDF, 60 kB)
Helmut Kletts (Uwiga) Rede zum Antrag
Uffbasse-Änderungsantrag
Kerstin Laus (Uffbasse) Rede zum Änderungsantrag
Pressemitteilung des Tierschutzvereins Darmstadt zur Rücknahme des Wildtierverbotes für Zirkusse
via Peta: Urteil des Amtsgerichts Darmstadt vom Februar 2009 gegen den Zirkus Krone

Der Neue Politikstil bekam im HFA gerade noch die Kurve

Im Darmstädter Haupt- und Finanzausschuss (HFA) war Donnerstag (7.3.) die Fernwärme Thema. Die SPD schlug vor, dass zwei anwesende Bürger Fragen stellen können, auch wenn das im HFA nicht vorgesehen sei. Aber anstelle das einfach zu machen, wurde aber erstmal diskutiert – und so dem Vorschlag erst recht eine besondere Bedeutung verpasst.

So hieß es, die SPD wolle sich profilieren, um dann in zwei Wochen in einer Pressemitteilung behaupten zu können, sie habe die Fragestunde im HFA durchgesetzt. Weiterhin erinnerte man daran, dass es unter SPD-Vorsitz im HFA nie eine Fragestunde gegeben habe. Also alles alter Politikstil, Beißreflexe, Verdächtigungen, „ich habe es zuerst gesehen“- und „das ist mein Eimerchen“-Gehabe und „das haben wir noch nie so gemacht“ (als ob der grün-schwarze Anspruch nicht auch ein anderer ist.). Und war es etwa sinnvoll und gut, dass es unter SPD-Vorsitz nie eine Fragestunde gab? Nachtrag: Und selbst wenn die SPD behauptet, sie hätte eine Fragestunde durchgesetzt, dann ist das egal. Das interessiert keinen normalen Wähler, das bringt maximal parteiintern was, nur sind die meisten Wählerinnen und Wähler in keiner Partei.

Warum beißt grün-schwarz aber auch in jedes Stöckchen, das SPD-Fraktionschef Hanno Benz hinhält? Wer ist denn hier souverän/Souverän?

Es gab es ein für mich stichhaltiges Argument der grün-schwarzen Koalitionäre: Der HFA sei der Generalissimo unter den Ausschüssen (fast alles aus den Fachausschüssen läuft auch durch den HFA, weil es am Ende immer ums Geld geht), der Ausschuss sei daher kein Expertengremium und dass es für Bürgerfragen die Fachausschüsse gebe. Bei der Fernwärme wäre dies der Umweltausschuss (gewesen).

Richtig, aber in dem Fall hätte man sich als Bürger vereimert vorkommen können: Genau zu dem Thema gab im vergangenen Umweltausschuss nämlich keine Antworten, weil eine Mitarbeiterin aus dem Dezernat krank war.

Aber die Koalition bekam die Kurve. Auf Anregung der Grünen-Fraktionsvorsitzende Hildegard Förster-Heldmann konnten die Fragen gestellt werden, allerdings rein formell betrachtet außerhalb der Ausschussitzung.