Abmahnungen sind zu einfach

Das Blog Netzpolitik.org wurde abgemahnt. Netzpolitik veröffentlichte ein PDF zur aktuellen Bespitzelungsaffaire der Deutsche Bahn AG., was der Bahn nicht gefiel. Denn es wurde ein internes Memo des Berliner Landesdatenschutzbeauftragten zur Mitarbeiter-Rasterfahndung bei der Deutschen Bahn publiziert.

Über das Papier berichteten wohl auch andere, aber Netzpolitik.org bekam die Abmahnung. Und gegen bekannte Blätter wie Zeit oder Handelsblatt geht man vielleicht nicht gerne vor. Die haben ja Rechtsabteilungen und könnten sich wehren.

Vermutlich hat die Bahn-Rechtsabteilung die Reichweite der Website unterschätzt, denn inzwischen schreibt quasi jedes Blog darüber.

Mir zeigt das wieder mal, dass zu leicht und ohne Risiko abgemahnt werden kann. Wäre es jetzt nicht die Situation kleiner Blogger gegen große Bahn, sondern kleine Website gegen Radiohändler, wäre das nicht so interessant und ganz schnell aus der Welt. Weil man es sich als Privatmann eigentlich gar nicht leisten kann es auf einen Gerichtsprozess ankommen zu lassen. Selbst wenn man die Wahrheit geschrieben hat, knickt man bei drohenden Kosten von ein paar 100 Euro schnell ein.

Und wenn sich herausstellt, dass der Websitebetreiber nicht einknickt und eventuell sogar recht hat und im Recht ist, dann zieht man seine Abmahnung zurück und sagt „Sorry, war ein Irrtum, nichts für ungut“. Jetzt die Auslagen für eigene Anwälte wieder zu bekommen, weil einer auf den schnellen und dreisten Erfolg gesetzt hat, ist ziemlich schwierig.

Nichts gegen Abmahnungen bei Urheberrechtsverletzungen und nichts gegen Gegendarstellungen, aber Abmahnungen ohne Risiko für den Abmahner gefährden für mich Presse und Meinungsfreiheit. Weil der finanziell Potentere den anderen immer einschüchtern kann.

Anstelle nur über Abmahnungen zu jammern und hoffen, dass es die Medienresonanz wieder geradebiegt oder einen Verband zu gründen rufe ich dazu auf seine Bundestagsabgeordneten auf das Problem anzusprechen. Gerade der Hinweis auf Pressefreiheit sollte die schon interessieren. Und wenn nicht, dann hat man schon mal einen Hinweis, wen man nicht wählen sollte.