Fernsehtipp: Frontal 21

Huuh, Rebellen überall dort, wo man sie nicht vermutet. Erst in Ägypten, jetzt in der Frontal 21-Redaktion. Ja genau, Frontal 21, eine Sendung im ZDF. Wer hätte das gedacht?

SpOn: Union attackiert im ZDF-Fernsehrat „Frontal 21“ – Gegenwind für das Investigativ-Magazin „Frontal 21“: Unions-Politiker im ZDF-Fernsehrat haben eine Ermahnung gegen die Redaktion ausgesprochen. (…) Mehrmals beschwerten sich die Unionsleute, das Magazin sei zu einseitig.

Danke für den Hinweis lieber Fernsehrat. Bei solchen Meldungen und Mehrheit ist Wahrheit-Fernsehratsbeschlüssen muss ich doch glatt mal bei „Frontal 21“ reinschauen. Was ich sonst nie gemacht hätte.

Und nebenbei: Wenn sich einer so aufregt, dann schließe ich erstmal daraus, dass die Journalisten dort alles richtig gemacht haben. Nämlich so ordentlich gearbeitet haben – weil’s eben dann auch weh tut.

Prioritäten

Gestern abend im Jagdhofkeller: Neujahrsempfang bei den Darmstädter Grünen, Festredner ist der Grünen Oberbürgermeister aus Tübingen, Boris Palmer. Er plaudert locker und witzig darüber, was ein Grünen OB verändern kann. Nennt also Gründe, warum der Grünen-Kandidat Jochen Partsch Darmstädter OB werden sollte.

Ich bin da für ein Stadtteilblättchen, fürs Echo schreibt der Ressortleiter – und die FAZ schickt einen Hospitanten.

Nach der Veranstaltung fragen mich einige, wie ich es fand. „Ja”, sagte ich, „den Boris Palmer kann man schon wählen.”

„Sie hätten gern Antworten auf Fragen, die Sie mir gar nie gestellt haben.“

Zwischen 2017 und 2040 verschwinden die gedruckten Zeitungen, heißt es. Zur Zeit sinken die Auflagen und die Einnahmen aus Anzeigen sind zurückgegangen. Blöd, weil über die Werbung ja ein großer Teil der Finanzierung läuft.

Aber offenbar wurschteln die Verlage alleine herum:

Echo Online: Lokaljournalistenforum – Experten diskutieren in Waiblingen über die Zukunft der Zeitungsindustrie – Im Zusammenhang mit den zunehmenden Problemen in der Zeitungsbranche stellte Wiebke Möhring von der Fachhochschule Hannover fest, dass keine Problemschilderungen an die Fachdisziplinen der deutschen Hochschulen herangetragen werden. Dies wiederum eröffne den Hochschulen auch gar keine Chance, an Problemlösungen mitzuwirken.

Grafenstraße 19: Zustand reicht für behördliches Einschreiten nicht aus – Bauvoranfrage

Das Bild zeigt ein verlassenes Gebäude, das in keinem guten Zustand ist.

Das Haus Grafenstraße 16 ist seit Jahren verlassen. Jetzt gibt es offenbar eine Bauvoranfrage. Foto: Marc Wickel

(PM DA) Dem Bauaufsichtsamt der Wissenschaftsstadt Darmstadt liegt eine Bauvoranfrage zur Errichtung von zwei Geschäftshäusern mit Tiefgarage auf den Grundstücken Grafenstraße 19 und 21 vor. Darüber informiert Darmstadts Baudezernent, Stadtrat Dieter Wenzel, in seiner Antwort auf eine Kleine Anfrage des SPD-Stadtverordneten Michael Siebel. „Die Prüfung dieser Bauvoranfrage konnte noch nicht abgeschlossen werden, da der Antrag unvollständig ist“, erläutert Stadtrat Wenzel.

Bedenken hinsichtlich der Verkehrssicherheit der Liegenschaft räumt Wenzel aus: „Eine erneute Ortskontrolle Mitte Januar hat ergeben, dass keine Mängel festzustellen sind, die ein behördliches Einschreiten erfordern.“


Wobei ich ja vermute, dass die Bauaufsicht dann losmarschiert, wenn so eine Anfrage reinkommt.

Nebenbei ist dieser Eintrag ein Beispiel, warum es nicht gut wäre Geodienste wie Google Street View gesetzlich zu regelmentiereren. Denn so ein Gesetz würde es nebenbei auch verhindern Fotos wie das oben zu zeigen. (Ist im Internet, WordPress ist eine Datenbank und die Adressse steht auch dabei.) Und ich denke, es ist wichtig, dass man Zustände wie diese öffentlich ansprechen und illustrieren darf.

Wie man Kaffee kalt werden lässt

Da sagt man einer Bürgerinitiative, dass sie da ein schönes Thema haben und dass ich mir vorstellen könnte, dass da auch ein Foto gemacht werden könnte, wenn man deren Aktivitäten genauer darstellt. Sie sollen mal einen Termin machen. Das sage ich drei- oder viermal innerhalb eines halben Jahres, bei verschiedenen Anlässen.

Nun, jetzt grummeln die Aktiven, weil ihnen die Stadtoberen das Thema weggenommen haben. Ja. Was soll ich sagen? Dass ich kostenlose Medienberatung gegeben hatte und dreimal das Thema angesprochen habe? Da was Neues irgendwann nicht mehr neu ist, wenn man ein Jahr damit arbeitet und immer nur Häppchen vorstellt? Dass dann ein anderer die Häppchen aufgreift?

Kommunalpolitische Bilanz

Nur zur Erinnerung, weil es jetzt ja langsam ernst wird. In der “Vorhang auf”-Dezember-Ausgabe (S.81) steht eine von mir gezogene kommunalpolitische Bilanz.

Im Juni 2005 übernahm Walter Hoffmann von seinem SPD-Parteifreund Peter Benz das Oberbürgermeisteramt. Die Kommunalwahl 2006 endete mit einer Koalition aus SPD, Grünen und FDP, da rot-grün seine Mehrheit verloren hatte. Diese Koalition verunfallte aber auf der Nordostumgehung. Die Grünen unterstützten offen die Bürgerinitiative ONO gegen die Trasse beim Bürgerentscheid, der knapp am Quorum scheiterte. Dass die Trasse nicht kommt, liegt zur Zeit nur daran, dass Darmstadt dafür kein Geld hat.

Die zerbrochene Koalition ermöglichte es, eine Ankündigung des Oberbürgermeisters Walter Hoffmann (SPD) umzusetzen, die in seiner Antrittrede vor bald sechs Jahren in der Orangerie gemacht hatte.„Lösen wir uns von alten Ritualen“, sagte damals der OB. Das hat geklappt – wenn man nur auf das vergangene Jahr schaut. Nachdem die Ampelkoalition zerbrochen war, wurde im Parlament wieder um Mehrheiten geworben. Hoffmanns Wahlkampfspruch „Darmstadt gemeinsam bewegen“ kam mal mit der CDU, mal mit den Grünen, mal mit den kleinen Parteien zustande.

Ein anderes Infrastrukturprojekt, dass – wieder – angepackt wurde, ist der ICE-Anschluss. Nach jahrelangem Stillstand schaffte es Walter Hoffmann 2007 mit der Bahn die sogenannte „Konsenstrasse“ zu vereinbaren. Darmstadt sollte über eine eingleisige Ausschleifung ans ICE-Hochgeschwindigkeitsnetz angebunden werden, die Haupttrasse sollte entlang der Autobahn verlaufen. Wegen Protesten aus der davon betroffenen Heimstättensiedlung vereinbarte Hoffmann dann mit der Bahn einen ICE-Bahnhof bei der Siedlung Tann. Mit diesen Vorschlägen steht der OB politisch ziemlich alleine, die Mehrheit des Stadtparlaments besteht weiter auf der Vollanbindung.

Ein weiteres angekündigtes Ziel Hoffmanns war mehr Bürgernähe, mehr E-Government sowie „das Prinzip der dezentralen Verwaltung“. Bürgernähe wurde erreicht, anders als OB Benz ist Hoffmann regelmäßig in den Stadtteilen bei der jeweiligen Kerb dabei oder beim Karneval oder bei Vereinen. Auch das E-Government ist besser geworden. Magistratvorlagen und Tagesordnungen des Stadtparlaments und den Ausschüssen sind über das Internet abrufbar.

Betrachtet man das Ziel Bürgernähe durch mehr dezentrale Einrichtungen in den Stadtteilen zu schaffen, bleibt, dass nach einem guten Start (Bürgerbüro West in der Heimstättensiedlung) diese Verwaltungsreform steckengeblieben ist und teilweise sogar zurückfällt.

Man konnte den Eindruck bekommen, die Stadtregierung hoffte darauf, dass die Bürger es nicht merken, wenn ihr Schwimmbad, ihr Bürgerbüro oder ihre Stadtteilbücherei immer mehr in ihren Leistungen reduziert werden. Beispielsweise wurden in Kranichstein die Bürozeiten der Meldestelle vorübergehend trickreich um acht Stunden gekürzt. Trickreich, weil die Stelle sowieso nur acht Stunden besetzt war und somit flach fiel. Vorübergehend, weil die Kranichsteiner (zusammen mit ihren parteipolitischen Vertretern) erfolgreich intervenierten. Ähnliches lief bei den Außenstellen der Stadtbüchereien. Sobald Mitarbeiter ausfielen oder wegzogen, wurde von der Stadt zuerst an reduzierte Öffnungszeiten gedacht. Wohl in der Hoffnung, es würde keiner merken.

„Transparenz!“ Ein weiteres Ziel Hoffmanns. Es wurde nicht erreicht. Beim Wissenschafts- und Kongresszentrum Darmstadtium mauerte die Stadt bei von der CDU angefragten Informationen. Selbst die Kommunalaufsicht des Regierungspräsidiums konnte die Stadt bislang nicht überzeugen, die Daten und Zahlen bekannt zu geben. Die Stadt sucht die Entscheidung nun bei den Gerichten.

Auch umgesetzt wurde ein neues städtisches Beteiligungsmanagement. Seitdem sind die HSE (Versorger), die Heag Mobilo (ÖPNV) und die Bauverein AG (Wohnen) unter dem Dach der Heag Holding organisiert. Jährlich gibt es einen Beteiligungsbericht.

Durch das neue Beteiligungsmanagement wollte Hoffmann „Dissonanzen im Konzert der städtischen Beteiligungen von vorneherein vermeiden“. Was bei den Musikern HSE und Darmstadtium aber nicht gelingt. Sie streiten zur Zeit um Bauleistungen im Wert von rund zwei Millionen Euro. Bei beiden Unternehmen sitzt der OB in den Aufsichtsgremien. (Nachtrag: Inzwischen haben sich die beiden Unternehmen geeinigt.)

Der neue Stadtkonzern agiere nicht für sich alleine oder gar gegen die Stadt, hatte Hoffmann 2005 angekündigt. Schaut man aber beim aktuellen HSE-Anteile Rückkauf von Eon hinter den Kulissen bei der Heag Holding und der HSE, bekommt man so seine Zweifel. Die Heag Holding will den Willen der Stadtverordneten umsetzen, aber ihre Tochter, die HSE, spielt auf Zeit. Auf die Gefahr hin, dass Vorkaufsrechte verfallen. Auch hier sitzt der OB in beiden Aufsichtsräten.

Aber es wurde auch etwas erreicht. „Nach der Kommunalwahl werde ich dem Parlament den Vorschlag machen, dass sich der von mir geführte hauptamtliche Magistrat nur noch aus fünf Mitgliedern zusammensetzt“, hatte Hoffmann ein Jahr vor der Wahl 2006 angekündigt. Zwei Jahre vor der Wahl 2011 wurde es umgesetzt. Eher zufällig. Weil es keine Koalition mehr gab und die turnusmäßige Neubesetzung des Umweltdezernats nicht stattfand. Hoffmann verzichtete sogar darauf Klaus Feuchtingers (Grüne) Amtszeit um drei Monate zu verlängern. Ein Manöver, dass SPD und FDP die Mehrheit, zumindest im Magistrat, etwas früher verschaffte.

Die zunehmend marode städtische Infrastruktur wird tatsächlich angepackt, allerdings zu großen Teilen deswegen, weil Bund und Land durch Konjunkturprogramme die Stadt finanziell unterstützen.

Eine „aktive Wohnungsbaupolitik“, kündigte der OB damals in der Orangerie an. Menschen, aber der Wohnungsbau von Privatunternehmen hingegen stagniert. Eigentlich werden im Jahr zwischen 500 und 600 Wohnungen benötigt. 2007 waren es 480, 2008 knapp 290 und 2009 rund 260.

An der 2005er Ankündigung Hoffmanns „Darmstadt ist Sportstadt“ zweifeln die Vereine spätestens seit 2009. Kämmerer Wolfgang Glenz (SPD) zog damals seinen Haushalt zurück, weil das Regierungspräsidium klar gemacht hatte, dass es ihn nicht genehmigen wird. Ohne Haushalt, dafür mit einem strengen RP, fielen die freiwilligen städtischen Zuschüsse für die Vereine erstmal aus.

Der Haushalt den Hoffmann 2005 auch konsolidieren wollte ist auch weiterhin Sorgenkind. Die Stadt hat ein strukturelles Defizit, das heißt die Ausgaben für feste Positionen sind höher als die Einnahmen. Der Etatentwurf für 2011 hat rund 67 Millionen Euro Defizit. Das ist allerdings deutlich weniger als 2010, damals waren es 95 Millionen Euro.

Erste OB-Kandidaten-Zusammenstellung im „Vorhang auf“

Für den aktuellen „Vorhang auf“ (S. 30 und 31) habe die fünf OB-Kandidaten Walter Hoffmann (SPD), Helmut Klett (Uwiga), Jochen Partsch (Grüne), Rafael Reißer (CDU) und André De Stefano (Piratenpartei) und (die seit gestern) Ex-Kandidaten Jörg Dillmann und Kerstin Lau (Uffbasse) zu Themen wie Haushalt, Konversion, ICE, Nordostumgehung und neue Straßenbahnlinien befragt.

Die Uffbasse-Doppelnominierung scheiterte am Wahlgesetz, aber bei Redaktionsschluss stand das noch nicht offiziell fest.

Man kann natürlich vermuten, dass die Ablehnung der Doppelspitze eingeplant war. So gab es Aufmerksamkeit (und wehe die Medien hätten nicht berichtet, dann wäre das ja auch falsch und ungerecht gewesen), man hatte Selbstständigkeit bewiesen und letztendlich doch keinem Wunschkandidaten Stimmen im ersten Wahlgang weggenommen.

„Anträge, bei denen man den Eindruck hatte, die beiden Staatsanwälte könnten sie schon mitsprechen“

Zur Zeit läuft am Landgericht ein Revisionsprozess, der an „Und täglich grüßt das Murmeltier“ erinnert. Die Verteidigung ist mit der Beweisaufnahme unzufrieden und fordert weitere Gutachter, die das Gericht ablehnt. Und so wiederholt sich seit einigen Verhandlungstagen ein Kreislauf aus Anträgen und Ablehnungen. Sowie Vertagungen, weil es nach dem Vorlesen, Erwidern, Beraten und Ablehnen zu spät für die Plädoyers geworden ist. Was wieder Zeit gibt wieder neue Anträge vorzutragen, „bei denen man den Eindruck hatte, die beiden Staatsanwälte könnten sie schon mitsprechen.“

Ach ja, Befangenheitsanträge gegen das Gericht werden auch gerne wiederholt. Nur beim letzten, war die Entscheidung den abzulehnen, ganz schnell da: Er war drei Wochen zu spät gestellt.

Ich verstehe nicht, warum das so einfach ist, eine Kammer zu lähmen. Denn diese Strategie wäre ja bei vielen Verfahren anwendbar. Solange Anträge stellen, bis das Gericht einen Fehler beim Ablehnen macht. Und vor allem, wenn der Mandant auf freien Fuß ist und eine Haftstrafe droht, könnte man damit ja sehr viel Zeit schinden und auch da auf Fehler hoffen.

Trauerspiel bei Stadtteilbibliotheken

Es gibt mal wieder neue Zeiten:

Öffnungszeiten der Stadtteilbibliotheken ab 1. Januar 2011:

Arheilgen: Mittwoch von 14 bis 18 Uhr und Donnerstag von 9 bis 12 Uhr

Bessungen: Dienstag von 9 bis 12 Uhr und Donnerstag von 14 bis 18 Uhr

Eberstadt: Dienstag von 14 bis 18 Uhr und Freitag von 9 bis 12 Uhr

Kranichstein: Dienstag von 14 bis 18 Uhr und Mittwoch von 14 bis 18 Uhr.

Und die Initiative „Büchereien bleiben” sammelt dagegen Unterschriften.

Da haben wir also vier Stadtteilbüchereien, die die meiste Zeit der Woche geschlossen sind. Jede hat sieben Stunden die Woche offen. Besser als nichts, mag man sagen, aber das ist doch irgendwie Kappes. Es sei denn, man möchte die Außenstellen so unattraktiv machen, dass am Ende die Leser wegbleiben, und man sie endlich „leider, leider” schließen kann muss.

Wenn man mal sagt, dass ein „Werktag“ von 9 Uhr bis 12 Uhr und von 14 Uhr bis 18 Uhr geht, dann wären dies bei einer Fünf-Tage-Woche 35 Stunden. Davon haben die Stadtteilbüchereien 80 Prozent geschlossen. Da stehen also Gebäude voller Medien umgerechnet an vier von fünf Tagen rum. Genaugenommen stehen sie sechs von sieben Tagen rum. Mit all den Nebenkosten, die die Gebäude so mit sich bringen. Das ist doch alles jenseits von Effizienz.

Wie wäre es mal mit einer ehrlichen Überlegung von Seiten der Verwaltung und Stadtregierung, wie das weitergehen soll? Wie hoch müssten beispielsweise Leihgebühren sein, damit die Bibliotheken (Personal- und Betriebskosten) bei einem 5-Tage-Betrieb (9-12h, 14-18h) die Stadt nichts kosten? Nur damit man mal die Kosten sieht. Und die Forderungen der BI einsortieren kann.