400 neue Stellen für Gerichte und Staatsanwaltschaften

Ein wasserspeiender Sandsteinlöwe auf einem Brunnen, im Hintergrund unschaft die Justizia auf dem Darmstädter Justizzentrum

Der Löwenbrunnen auf dem Darmstädter Mathildenplatz, an dem auch das Landgericht und das Amtsgericht angrenzen.

So, das Land Hessen schafft Stellen in der Justiz. Im Entwurf des Doppelhaushalts für 2023/24 stehen 100 neue Stellen für Richter und Staatsanwälte plus Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, so dass es um die 400 Stellen (für ganz Hessen) mehr sein werden.

Nur, dieser Bedarf ist ja nicht neu. Weiterlesen

Lebenslang wegen Mord für Angeklagten mit dissozialer Persönlichkeitstörung

Die Kammer glaubte nicht, dass der geständige Angeklagte mit seiner dissozialen Störung bei der Tat psychotisch war, sie ging davon aus, dass er den Anschein eines Wahns bewusst konstruiert hat. Er machte halt immer Stress, wenn was nicht so lief wie er wollte. Und „Stress“ bedeutete laut werden, ausrasten, beschimpfen, beleidigen, Gewalt anwenden und androhen sowie mit dem Tode bedrohen.

(€) Echo online: Lebenslange Haft für Mord in Kranichstein

FAZ (via dpa): Lebenslange Haft nach heimtückischem Mord

Arbeitgeber um 255.000 Euro betrogen – zwei Jahre auf Bewährung

Eine Krankenkassenmitarbeiterin, die jetzt keine mehr ist, hatte eine Lücke im System entdeckt und 255.000 Euro für sich abzweigen können. Der Betrug mit von ihr erfundenen Ersatzpflegekräften lief zehn Jahre und der Schaden war eigentlich auch höher – aber Betrug ist nach fünf Jahren verjährt.

(€) Echo online: Odenwälderin wegen Betrugs vom Landgericht Darmstadt zu Bewährungsstrafe verurteilt

Haft für Raub mit Schere in einer Arheilger Bäckereifiliale

Akten auf dem Richtertisch in Saal 3.

Durch einen pensionierten Polizisten und den Kranichsteiner Stadteilpolizisten konnte am 7. Oktober 2021 ein Raubüberfall auf eine Bäckereifiliale in Darmstadt-Arheilgen noch am gleichen Tag aufgeklärt werden. Gestern war der Prozess.

Und wieder mal zeigt sich: Besonders schwerer Raub ist leicht zu begehen und wird heftig bestraft

(€) Echo online: Vier Jahre Gefängnis für Überfall in Darmstadt

Drei Mal überfallener Spargelstand lag auf dem Weg

Die Justizia auf dem Darmstädter Justizzentrum.Dass auch Spargelstände überfallen werden, ja, das passiert leider. Dass aber ein- und derselbe Stand drei Mal überfallen wird, das ist schon seltsam. So aber war es im April 2021 in der Kranichsteiner Straße in Darmstadt gelaufen. Der Täter wurde im Juli 2021 gefasst, nun war der Prozess.

(€) Echo online: Fünf Jahre Haft für Spargelstand-Räuber von Darmstadt

Mein erster Gerichtsprozess als Reporter

Heute vor 15 Jahren war ich das erste Mal als Reporter im Gericht. Ich war für eine Stadtteilzeitung bei einem Schöffengerichtsprozess wegen Untreue gegen den ehemaligen Chef eines Stadtmarketings. Das Stadtmarketing hatte damals eine Sportmannschaft eines Vereins gesponsert, bei dem der Angeklagte aber auch Vorsitzender war.

Wie ich im Rückblick feststellen muss, hatte ich am ersten Verhandlungstag Glück und keine Ahnung. Glück, weil es keine Überraschungen gab. Und damals keine Ahnung, was so alles einen Prozessbeginn verzögern könnte. So saß ich relativ unbefangen auf der Pressebank und schrieb halt mit.

Der Angeklagte hatte die Vorwürfe zunächst bestritten. Vom Amtsgericht wurde er wegen Untreue zu 14 Monaten auf Bewährung und in der Berufung beim Landgericht dann zu zehn Monaten auf Bewährung verurteilt. In der zweiten Instanz hatte er die Untreue dann eingeräumt.

Und wer sich wegen der Überschrift wundert: Ich war mal zu Schulzeiten Zeuge bei einem Verfahren um einen Verkehrsunfall.

Zivilkammer verurteilt Babenhausener Familienvater ebenfalls

Das alte Landgericht am Mathildenplatz, davor eine der Osterglocken, die auf der Wiese blühen.

Das alte Landgericht am Mathildenplatz.

Das ging ja dann doch schnell. Eine Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt sieht den wegen Doppelmord verurteilten Babenhausener Familienvater ebenfalls als den Täter. Somit hat das Land Hessen einen Anspruch darauf, dass der Verurteilte Kosten für die Betreuung der Tochter der Getöteten übernimmt. Die Tochter ist Autistin und lebt seit den Morden 2011 in einer Einrichtung, vorher wohnte sie bei ihren Eltern in Babenhausen.

(€) Echo online: Keine neue Beweisaufnahme im Doppelmordfall Babenhausen

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, es kann Berufung eingelegt werden.

Zum Hintergrund, warum es jetzt ein Zivilverfahren gab und wie das so läuft, gibt es einen RND-Artikel vom ersten Verhandlungstag, der das sehr schön erklärt.

RND: Zivilprozess gegen verurteilten Doppelmörder

Nachtrag: Ich verstehe ja nicht so ganz, warum der Verteidiger sich so darauf stützt, dass die Tat nicht mit einem Bauschaumschalldämpfer auf der Pistole begangen werden konnte. Ja, es gibt Schusswaffengutachter, die zeigen, dass so eine Konstruktion ihre Tücken hat und den Lauf verstopfen kann. Auf der anderen Seite haben wir aber ein Resultat: Zwei erschossene Menschen und Bauschaumpartikel an den Tatorten. Eine Kombi aus Schusswaffe und Bauschaum hat also funktioniert.

Haftstrafen nach versuchten Überfällen

Ein Papierschild mit dem Aufdruck "Zeuge" steht auf einem Tisch in einem Gerichtssaal von 1870. Dahinter sieht man unscharf die leere Richterbank mit Fenstern dahinter.

Ein Zeuge, der bei einem Überfall mit dabei war, war es, der die Polizei auf die Spur der Angeklagten gebracht hat.

Es waren zwei getrennte Meldungen, die das Polizeipräsidium Südhessen Ende April 2021 veröffentlichte. Eine ging um einen versuchten Raubüberfall beim Darmstädter Staatstheater und eine andere über einen versuchten Raub auf dem Parkplatz beim Steinrodsee in Gräfenhausen.

Wie sich zeigte, waren beide Male aber die gleichen zwei jungen Männer dabei, die nun vom Darmstädter Landgericht zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt wurden. Dabei glaubte das Gericht dem einen Angeklagten nicht, dass er beim Staatstheater nur zugeguckt haben will. So dass er, der erst eine Haftstrafe verbüßt hatte, zu fünf Jahren Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Dem anderen Angeklagten, ein Ersttäter, wurde zum Verhängnis, dass auch er nach dem ersten Fehlschlag weitergemacht hatte und es so zwei Taten hintereinander waren, bei denen die Opfer mit Messern bedroht und mit Pfefferspray attackiert worden waren.

Auf die Spur der beiden Angeklagten kam die Polizei durch einen jungen Mann, der beim versuchten Überfall auf den Taxifahrer dabei war. Der junge Mann hatte die beiden angezeigt und sie als Zeuge belastet. Gegen den Zeugen wird zur Zeit noch ermittelt, ob er nicht auch Mittäter war.

(€) Echo online: Mehrjährige Haftstrafen im Raubüberfall-Prozess

Etwas einfach so dahinsagen, kann vor Gericht enden


Was man auch aus Strafprozessen mitnehmen kann: Nie jemanden mit Gewalt, dem Tod oder ähnlichem drohen. Am Ende passiert tatsächlich was und dann erinnern sich Leute, an die Sachen, die man so in seinem Zorn gesagt hat.

In einem Prozess um eine Brandstiftung hat der Angeklagte so ein Problem. Er drohte einem Mann, dass ein Unfall passieren könne und er dann leuchte. Kurze Zeit später brannte das Zimmer des Angeklagten in der Einrichtung. Und zudem hatte er anderen Mitarbeiter gedroht, sie abzustechen, weil sie nicht das machten, was er sich vorgestellt hatte. Die Unterkunft durch einen Brand aus Rache aufzumischen, könnte ein Motiv sein.

(€) Echo online: Angeklagte bestreitet den Brandstiftungsvorwurf

Berufungsverfahren gegen ehemaligen Odenwälder Landrat

Dieses Mal ist ein Aktenstapel auf dem Richtertisch das Symbolfoto (aufgenommen 2018) und nicht die Justizia auf dem Landgericht.

Zwei Dinge zeigt der Landgerichtsprozess, der heute gegen einen ehemaligen Landrat des Odenwaldkreises begann.

1. Nur wenige Prozesse verlaufen nach Schema. 2. Er bestätigte die Pressemitteilung des Darmstädter Landgerichts von Ende Dezember 2021: Es fehlen Richterstellen. Was der hessische Richterbund heute nochmal bestätigte: „Insgesamt fehlen in Hessen 200 Richter und Staatsanwälte“, sagt die Sprecherin des hessischen Richterbunds, Christine Schröder.

Denn der Prozess gegen den Ex-Landrat ist ein Berufungsverfahren. Der Angeklagte war Ende 2017 wegen Untreue vom Amtsgericht Michelstadt zu einer Bewährunsgstrafe verurteilt worden, und er war damit nicht einverstanden. Aber da es „nur“ eine Bewährungsstrafe war, und keine Haftsache, musste die Berufung nicht beschleunigt verhandelt werden.

Das Landgericht habe im Dezember 2021 gemeldet, dass es in den Seilen hänge, sagte der Vorsitzende Richter heute zu der Verzögerung, „aber ich hänge schon länger in den Seilen“. Und der Prozess gegen den Ex-Landrat ist auch relativ aufwändig, das Amtsgericht Michelstadt hatte ein Dutzend Tage verhandelt.

Nun zum Schema. Eigentlich könnte man meinen, Gerichtsprozesse laufen so: Anklage, Einlassung des Angeklagten (oder auch nicht), Zeugen, Gutachter, Plädoyers und Urteil. Aber in der Regel muss man das dann doch anders schreiben, zum Beispiel, weil das wichtigste am Ende des Verhandlungstages kam. Konnte es aber hier schonmal nicht, es war eine Berufungsverhandlung. Und da wurde erstmal das Amtsgerichtsurteil verlesen. Dann gab der Vorsitzende eine vorläufige Einschätzung zum Fall ab und regte an, dass Staatsanwaltschaft und Verteidigung prüfen, ob eine Einstellung des Verfahrens nach § 153a StGB in Frage komme. Das war natürlich interessant. Bei sowas zahlt der Angeklagte eine Geldauflage und das Verfahren wird eingestellt. Der Angeklagte wird nicht verurteilt und ist deswegen auch nicht vorbestraft.

Fürs inhaltliche verlinke ich auf meine Meldung:

sueddeutsche.de, dpa: Richter sieht Fehlverhalten von Ex-Landrat

Und fürs Ergebnis ebenfalls:

t-online.de, dpa: Ex-Landrat entgeht Untreue-Prozess