400 neue Stellen für Gerichte und Staatsanwaltschaften

Ein wasserspeiender Sandsteinlöwe auf einem Brunnen, im Hintergrund unschaft die Justizia auf dem Darmstädter Justizzentrum

Der Löwenbrunnen auf dem Darmstädter Mathildenplatz, an dem auch das Landgericht und das Amtsgericht angrenzen.

So, das Land Hessen schafft Stellen in der Justiz. Im Entwurf des Doppelhaushalts für 2023/24 stehen 100 neue Stellen für Richter und Staatsanwälte plus Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, so dass es um die 400 Stellen (für ganz Hessen) mehr sein werden.

Nur, dieser Bedarf ist ja nicht neu. 2018 hatte das Darmstädter Landgericht zeitweise zwei „Hilfskammern“ für Wirtschaftsverfahren gebildet. Anfang 2019 hatte der Hesssische Richterbund von 300 fehlenden Richterinnen und Richtern gesprochen. Ende 2021 warnte das Darmstädter Landgericht (ich bin halt nur dort unterwegs) vor Kapazitätsproblemen. Und Anfang 2022 warnte wieder der Richterbund (HR: Richterbund fordert 200 zusätzliche Richter und Staatsanwälte)

Bei den Darmstädter Meldungen hieß es vom Justizministerium, dass alles in Ordnung sei.

2018/2019: (€)„Bei den Landgerichten sind von den 409 bestehenden Stellen derzeit knapp mehr als 398,5 Stellen besetzt, was einer Stellenabdeckung von circa 97,5 Prozent entspricht“, teilt die Pressestelle des Justizministeriums mit.

2021: (€) Hessens Justizministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU) widersprach dieser Darstellung. Das Landgericht Darmstadt sei voll besetzt.

Eva Kühne-Hörmann ist inzwischen nicht mehr Ministerin, der neue Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) ernannte Prof. Roman Posek (bis dahin Präsident des OLG Frankfurt) zum Justizminister.

Zu den früheren „alles im Griff“-Darstellungen kam im Sommer dann noch ein Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt.

Legal Tribune online: Feh­lende Richter führen zur Frei­las­sung von Gefan­genen – Dass die Verfahren nicht eröffnet werden konnten, liegt nach der Pressemitteilung des OLG nicht an den konkreten Ermittlungen selbst, sondern in der erheblichen strukturellen Überlastung des Gerichts mit zahlreichen Haftsachen, die auch bei nahezu täglicher Verhandlung nicht mehr zu bewältigen sei.

Teilweise ist der Personalmangel vom Gesetzgeber (der auch die Mittel für die Justiz beschließt) auch mitverursacht. Wenn nämlich neue Straftatbestände zu Gesetzen werden.

„Eigentlich müsste in jedem neuen Gesetz, in dem höhere Strafe beziehungsweise neue Strafgesetze stehen, auch aufgenommen werden, dass in den Ländern entsprechend viele Stellen bei Staatsanwaltschaft und Richterschaft geschaffen werden, damit das umgesetzt werden kann. Sonst hat das alles keinen Sinn.“
Juraprofessor Henning Ernst Müller von der Uni Regensburg in einer Bundestagsanhörung im Jahr 2017

Ein anderes Problem ist mit den mehr Stellen aber nicht gelöst, wie ich aus der Richterschaft höre. Gute Juristinnen und Juristen (der Staat will ja eigentlich nur die besten, lockert aber nun seine Bedingungen) würden inzwischen lieber in entsprechende Anwaltskanzleien gehen, weil die so deutlich besser als der Staat bezahlen, dass selbst die Verbeamtung auf Lebenszeit nicht mehr locken würde.