Gleichstand im Wandel der Zeiten

„Union und SPD gleichauf“ meldet das ZDF-Politbarometer und verweist auf eine Umfrage zur Bundestagswahl in vier Wochen. Nur was ist „gleichauf“ wert für CDU/CSU und SPD? Mal ein Blick zurück, was das früher so ganz grob bedeutet hatte:

1980: CDU/CSU 45 Prozent, SPD 45 Prozent
2002: CDU/CSU 40 Prozent, SPD 40 Prozent
2005: CDU/CSU 35 Prozent, SPD 35 Prozent
2021: CDU/CSU 20 Prozent, SPD 20 Prozent

Tja, dass dieses „Projekt 18“ der FDP (aus dem Bundestagswahljahr 2002) im Jahr 2021 so viele Nachahmer findet (das Politbarometer sieht die Grünen bei 20 Prozent), hätte keiner gedacht – vor allem nicht die, die damals darüber gelächelt hatten.

Ich weiß ja nicht, wie das anderen mit der SPD bei der Bundestagswahl geht …

Da ja irgendwelche Leute meinen, ich wäre ein U-Boot der SPD, nun: In den 80ern sagte mir mal jemand, dass er SPD wähle, weil er da sicher sei, dass die aufpasse, dass die kleinen Leute nicht unter die Räder kommen. Das war auch für mich ein Argument.

Und dann kamen ab 1998 Gerhard Schröder (mit Spitzensteuersatzsenkung, Hartz IV, der Riester-Rente, die nur den Maschmeyers & Co ihre Renten sicherte und die mit der Grundsicherung verrechnet wird, sowie der 7%igen Rentenkürzung und der Verkauf der Eisenbahnerwohnungen an die Deutsche Annington, heute Vonovia). Weiter ging es mit Vizekanzler Müntefering mit der Rente mit 67 und der Mwst.-Erhöhung um drei Prozentpunkte (wo die Union plus zwei Punkte wollte und die SPD plus null Punkte versprochen hatte.).

Ich weiß ja nicht, wie das anderen geht, aber ich bin seitdem bei Bundesregierungen, bei den „sozialdemokratisch“ draufsteht, schonmal misstrauisch. Dann doch lieber eine CDU-Regierung, die auch nur das Gegenteil von dem tut, was sie verspricht.

Oh, Moment, ich weiß doch, wie es anderen mit der SPD geht:
Bundestagswahl 1998, SPD: 20,2 Mio. Zweitstimmen, 40,9 Prozent
Bundestagswahl 2013, SPD: 11,3 Mio. Zweitstimmen, 25,7 Prozent

Die CDU gibt die CPU

Der Vergleich mit der Bundestagswahl 2013 zeigt, dass die Union von über 40 Prozent auf um die 30 Prozent in den Umfragen abgestürzt ist (Zur Dramatisierung habe ich die schlechtesten Werte genommen, die hatte die INSA-Umfrage vom 7. März 2013).

Ich kann ja verstehen, dass die CDU zur CPU (Christlich-panische Union ) wird, wenn die Union in Umfragen auf 30,5 und die SPD auf 31,5 Prozent kommt. Und dann unreflektierte unterirdische Banner gepostet werden, wie dieses oder jenes).
Aber erstens vergisst die Union ihre Geschichte. Unter Helmut Kohl sah es zum Anfang eines Wahljahrs immer schlecht aus und es hat trotzdem viermal geklappt. Zweitens: Die Union hatte bei der Bundestagswahl über 41 Prozent. Und dass sie jetzt bei 30 + x gehandelt wird, ist nicht der „Erfolg“ der SPD oder Martin Schulz‘ … und das weiß auch die Union.

Disclaimer: Ich bin übrigens nach Schröder weit davon entfernt, nochmal einem SPD-Kanzerkandidaten zu vertrauen.

Totgesagte leben länger – Was für Rote gilt, gilt auch für Schwarze

Wie war das noch nach der Bundestagswahl 2009? Die politischen Kommentatoren beschieden der SPD eine lange Zeit in der Opposition und den Untergang. Und jetzt?

sueddeutsche.de: Die Koalition regiert so mies, dass eine kürzlich noch schwer vorstellbare Situation eingetreten ist: Die SPD hat wirklich die Chance, 2013 den Kanzler zu stellen

Na sowas. Aber hatte ich nicht im November 2009 schon gesagt, Totgesagte leben länger?

Gilt natürlich jetzt auch andersherum. Helmut Kohl stand jedes Mal Mitte der Legislaturperiode so schlecht da, dass man ihn bei der kommenden Bundestagswahl abschrieb. Zu recht, denn er war ja nur 16 Jahre Kanzler.

Totgesagte leben länger

Bei der aktuellen Debatte über die Lage der SPD nach der Bundestagswahl, fallen mir die Leichenreden zur CDU nach der Bundestagswahl 1998 ein. Keiner hätte 1998 auf die Union noch einen Blumentopf gewettet. Und im Dezember 1998 traute der Spiegel Roland Koch keinen Sieg in Hessen zu:

Koch steckt tief im Elend der Christdemokraten, die seit dem Desaster der Bundestagswahl durch die politische Landschaft irren wie Flüchtlinge durch ein Trümmerfeld. „Ein Sturm ging über das Land“, kommentiert er die Abwahl der Union im Bund. Wie die Sturmschäden zu beseitigen sind, weiß der hessische Hoffnungsträger so wenig zu sagen wie seine Altvorderen in Bonn, von Wolfgang Schäuble bis Norbert Blüm.

Wie wir wissen, kam es anders. Koch gewann im Februar 1999 mit der FDP die Landtagswahl und ist seitdem Hessischer Ministerpräsident.

Warum ist egal, denn die Schwarzmalerei zu Lasten der Union wurde eindrücklich widerlegt. Und genauso kann der SPD etwas ähnliches wie Kochs Kampf gegen die doppelte Staatsbürgerschaft (andere sagen, zu viel Unterrichtsausfall in den Schulen sei Hans Eichel zum Verhängnis geworden) zu einer Wende verhelfen. Weiß keiner.

Erfahrene Propheten warten eben den Gang der Ereignisse ab.

Wann hilft die BI ONO Andreas Storm?

Warum tritt eigentlich die Bürgerinitiative „Ohne Nordostumgehung“ nicht ganz massiv für Andreas Storms Einzug in den Bundestag ein? Da ist doch jetzt Solidarität gefragt, vor allem wenn der Darmstädter CDU-Direktkandidat nur mit 117 (oder 46) Stimmen und nicht mit 204 Stimmen verloren hat.

Das ist doch sowas von klarem Bürgervotum, sowas von nicht vertretbar und sowas von „unecht gescheitert“, dass eigentlich Storm das Mandat verdient hätte. Oder?

(Wer Ironie findet, darf sie behalten.)

Vergangene Wahlen in Darmstadt

Eine kurze Zusammenfassung der vergangenen Wahlen. Die Zahlen sind nur die Ergebnisse aus der Stadt Darmstadt. Schön demonstrativ, mit gestauchter x-Achse und alles in einen Topf geworfen.

Und damit ich es schneller finde, noch die Erststimmen bei der Bundestagswahl 2005. Das kann man aber nicht mit der Stadt Darmstadt vergleichen, da noch Gemeinden aus dem Landkreis zum Wahlkreis gehören. 2005 holte Brigitte Zypries das Direktmandat.

Storm, Andreas (CDU) – 37,70%
Zypries, Brigitte (SPD) – 44,80%
Partsch, Jochen (GRÜNE) – 8,10%
Laabs, Kerstin (FDP) – 3,70%
Schäfer, Heinz (Linke) – 3,90%