Nicht ganz glücklich stimmte am Montag in Weiterstadt der Stadtentwicklungs- und Verkehrsausschuss sowie der Haupt- und Finanzausschuss für eine städtische Beteiligung am behindertengerechten Umbau der Bahnsteige am Bahnhof Weiterstadt. Wenn die Stadt keine 750.000 Euro zuschießt, wird der Umbau sehr viel später kommen, da der Weiterstädter Bahnhof täglich keine 1000 Fahrgäste hat (sondern nur 600).
Der Bahnhof Weiterstadt, auch beim schönem Wetter nicht wirklich einladend – und auch nicht barierrefrei.
Da Papier zwar geduldig, aber nicht unendlich ist, reiche ich die letzten Absätze meines Artikels hier nach: Weiterstadts Behindertenbeauftragter Norbert Baron stellte die 1000-Fahrgäste-Grenze in Frage, da sie ihm „aus der Luft gegriffen“ schien. Man müsse auch überlegen, warum die 1000 Fahrgäste nicht erreicht würden, gab Baron zu bedenken. Ein Teil der Bahnnutzer würden wegen der zu niedrigen Bahnsteige den Bahnhof gleich meiden und so die Fahrgastzahlen reduzieren.
„Diese Zahl kommt vom Bund“, erklärte mir die Bahn AG-Pressestelle auf Nachfrage. Die Bundesrepublik engagiere sich erst ab täglich 1000 Fahrgästen mit Zuschüssen. Überlegungen von Stadtverordneten inwieweit dieser Fahrgast-Grenzwert rechtmäßig sei, sind im April 2006 vom Bundesverwaltungsgericht schon beantwortet worden. Damals ging es um die Barrierefreiheit der Station Oberkochen (knapp 9000 Einwohner) im Ostalbkreis in Baden-Württemberg. Folgt man dem Urteil (BVerwG 9 C 2.05), stammt die „1000er-Regel“ aber nicht vom Bund. Laut Bundesverwaltungsgericht – das in seiner Entscheidung von einer „Konzernrichtlinie“ spricht – erlaubt die Eisenbahnbahnbau- und Betriebsordnung den Eisenbahnunternehmen über barrierefreie Zugäng nach Bedarf, Herstellungskosten und Erreichbarkeit zu entscheiden, wenn nicht besondere Situationen vorliegen.