„Die sich selbst verbrennende Anita Berber“

Künstlerinnen, die Skandale auslösten, gibt es nicht erst seit Madonna oder Ladys Gaga. Und sie müssen auch nicht in Amerika wohnen. In den zwanziger Jahren hatten wir sowas sogar in Deutschland.

Anita Berber hieß die Frau. „Sie war die schamloseste Frau der Weimarer Republik“ (SpOn), „Die Berber zog Skandale förmlich an, sie nahm Morphium und Kokain, trank pro Tag eine Flasche Cognac und prügelte sich mit jedem, der ihr quer kam“ (Titania Carthaga, aus deren Text ich auch die Überschrift zitiere), „Sie ist schon eine Legende als Marlene Dietrich noch brav zum Geigenunterricht geht“ (ZDF-History)

Und wer meint, Anita Berber nicht zu kennen – der kennt sie doch. Ganz sicher. Es gibt ein Otto Dix-Gemälde, das eine Frau im roten Kleid vor rotem Hintergrund zeigt. Das ist Anita Berber. Allerdings wurde sie nicht so alt wie von Dix gezeichnet, sie starb 1928 mit 29 Jahren.

Und deswegen tanzte auf der Abschlussparty der Expressionismus-Ausstellung auf der Mathildenhöhe in einem Video auch Anita Berber den „Dr. Mabuse“.

Oscar-Prophetie: And the winner is … vorhersagbar

Dieses Jahr wird „The Kings Speech” was gewinnen und/oder der Hauptdarsteller Colin Firth.

Nachtrag: Hab‘ ich doch gewusst: 2011 gewinnen „The King’s Speech“ (bester Film) und Colin Firth (bester Darsteller). Firth spielt den stotternden englischen König George VI. Und die beste weiblische Hauptdarstellerin Natalie Portman bekam ihren Goldjungen für „Black Swan“. Portman spielt eine an Halluzinationen leidende Balletttänzerin.

Oscars gibt es nämlich immer leicht, wenn es in einem Film um einen Menschen geht, der krank ist, eine Behinderung oder Psychose hat. Oder um amerikanischen Pathos.

Einen kleinen Rückblick, der die These belegt (die Tabelle hatte ich vor Jahren einmal für die W-Akten/Besserwisserseite zusammengestellt, schreibe also von mir selber ab. ;-))

2010 Jeff Bridges – Crazy Heart
Bridges spielt einen alkoholkranken Country-Sänger.

2009 Heath Ledger – beste Nebenrolle in The Dark Knight
Ledger spielt den psychopathischen Joker.

2008 Daniel Day Lewis – There will be Blodd
Lewis spielt den verrückt gewordenen Daniel Plainview.

2007 Forest Whitaker -Der letzte König von Schottland
Whitaker spielt den größenwahnsinnigen Diktator Idi Amin.

2006 Philip Seymour Hoffman – Capote
Hoffmann spielt den alkohol-und drogenabhängigen Schriftsteller.

2005 Jamie Foxx – Ray
Foxx spielt den blinden Musiker Ray Charles.

2004 Charlize Theron – Monster
Theron spielt die Serienmörderin Aileen Wuornos.

2003 Nicole Kidman – The Hours
Kidman spielt die depressive Schriftstellerin Virginia Woolf.

2002 A Beautiful Mind – bester Film
über einen schizophrenen Mathematiker.

2000 Angelina Jolie – Durchgeknallt
Jolie spielt eine Soziopathin.

1999 Hilary Swank – Boy’s don’t cry
Hilary Swank spielt Teena Brandon, die aber ein Mann sein möchte und sich deswegen in Brandon Teena umbenennt.

1997 Jack Nicholson -Besser geht’s nicht (As Good As It Gets)
Nicholson spielt einen schizophrenen Schriftsteller.

1996 Geoffrey Rush – Shine
Rush spielt den nervenkranken Pianisten David Helfgott.

1995 Nicolas Cage – Leaving Las Vegas
Cage spielt einen Alkoholkranken Spieler. Der Film „Leaving Las Vegas“ basiert auf dem autobiographischen Roman von John O’Brien. John O’Brien nahm sich zwei Wochen vor Drehbeginn das Leben.

1994 Tom Hanks – Forrest Gump
Hanks spielt den leicht zurückgebliebenen Forrest Gump, der bei Ereignissen der jüngeren US-Geschichte immer irgendwie dabei war.

1993 Tom Hanks – Philadelphia
Hanks spielt einen Aidskranken.

1992 Al Pacino – Scent Of A Woman
Al Pacino spielt einen Blinden.

1991 Anthony Hopkins – The Silence Of The Lambs
Hopkins spielt den psychopatischen Mörder Hanibal Lecter.

1990 Kathy Bates – Misery
Bates spielt einen besessenen Fan eines Schriftstellers.

1989 Daniel Day-Lewis – My Left Foot
Lewis spielt den gelähmten Christy, der nur seinen linken Fuß kontrollieren kann.

1988 Dustin Hoffman – Rain Man
Hoffman spielt den Autisten Raymond Babbit.

1986 Marlee Matlin – Children Of A Lesser God
Marlee Matlin spielt eine Taubstumme, sie ist es auch im wirklichen Leben.

1978 Jon Voight – Coming home
Voight spielt einen gelähmten Vietnam-Veteranen.

1975 Jack Nicholson – Einer flog über das Kuckucksnest
Nicholson spielt Randel Patrick McMurphy der vortäuscht psychisch krank zu sein.

1962 Anne Bancroft (Hauptrolle) Patty Duke (Nebenrolle) – Licht Im Dunkel (The Miracle Worker) Anne Bancroft spielt die Betreuerin der blinden Helen Keller (Patty Duke).

1950 Jose Ferrer – Der letzte Musketier -Cyrano de Bergerac Ferrer spielt den Cyrano, der mit einer übergroßen Nase geschlagen ist.

1948 Laurence Olivier – Hamlet
Olivier spielt den in den Wahnsinn abgleitenden Prinzen von Dänemark.

1948 Jane Wyman – Schweigende Lippen – Johnny Belinda
Wyman spielt die taubstumme Belinda.

1947 Ronald Colman – A Double Life
Colman spielt den Schauspieler Anthony John, der sich zu sehr mit seinen Rollen identifiziert.

1945 Ray Milland – Das verlorene Wochenende
Milland spielt den alkoholkranken Schriftsteller Don Birman.

1932 Fredric March – Dr. Jekyll and Mr. Hyde
March spielt den Arzt Dr. Jekyll, der sich durch ein selbstgemixtes Medikament in den bösartigen Mr. Hyde verwandelt.

Lierhaus-Honorar wirft Schatten auf den Platz an der Sonne

Hannoversche Allgemeine Zeitung: Abo-Kündigungen bei der ARD-Fernsehlotterie wegen 450.000 Euro für Monica Lierhaus.

Nun, wenn ein Investment die Relationen nicht wahrt … : ARD-Fernsehlotterie unterstützt Projekte mit durchschnittlich 229.500 Euro.

Nebenbei macht es es für mich nicht besser, wenn Frank Elstner für den gleichen Job sogar noch mehr bekommen haben soll („laut Lierhaus-Management sogar "deutlich mehr"„). Das konterkariert meiner Meinung nach den sozialen Zweck. Solche Kurzauftritte sollten mit maximal einer Aufwandsentschädigung bezahlt werden.

ARD-Fernsehlotterie unterstützt Projekte mit durchschnittlich 229.500 Euro

Die ARD-Fernsehlotterie „Ein Platz an der Sonne“ ist eine der ältesten Soziallotterien Deutschlands. Die nach einer Hirnblutung vor zwei Jahren langsam wieder gesund werdende Monica Lierhaus wird nun Lotterie-Botschafterin und soll dafür laut Spiegel Online 450.000 Euro Jahreshonorar bekommen.

Die ARD-Fernsehlotterie, eine gemeinnützige GmbH, legt in einer Pressemitteilung Wert auf die Feststellung, dass Monica Lierhaus‘ Honorar nicht über Gebührengelder der ARD finanziert werde.

Christian Kipper, Geschäftsführer der ARD Fernsehlotterie, betont: „Wie in einem solchen Fall üblich, zahlen wir das Honorar für Monica Lierhaus als eigenständiges Unternehmen vollständig aus unserem Marketing- und Werbebudget.

Laut eigenen Angaben erspielte die Lotterie 2010 rund 66,6 Millionen Euro und unterstützte 294 gemeinnützige Einrichtungen für Kinder und Jugendliche, für hilfebedürftige Mütter sowie für kranke und behinderte Menschen und Senioren. Die Projekte erhielten über die Fernsehlotterie Beträge von bis zu 500.000 Euro zur Teilfinanzierung ihrer jeweiligen Vorhaben.

Im arithmetischen Mittel bekam jedes Projekt 2010 ein wenig mehr als 226.000 Euro.

Insgesamt erzielte die ARD-Fernsehlotterie nach eigenen Angaben von 1956 bis Anfang 2011 einen karitativen Zweckertrag von rund 1,4 Milliarden Euro und konnte damit über 6100 Hilfsprojekte fördern.

Das waren im arithmetischen Mittel etwas mehr als 229.500 Euro pro Projekt.

An was ich noch denken muss: Überall ist inzwischen von Inklusion die Rede, vor allem, dass man in Schulen Kinder und Kinder mit Behinderung zusammen unterrichten soll. Stefan Niggemeier fasst es etwas harsch zusammen: „Als Behinderte darf Monica Lierhaus Fernsehbotschafterin für Behinderte werden. Das ist schön für sie. Und schrecklich typisch.“

Nachtrag: Der (gedruckte) Spiegel vermutet eine Inszenierung.

Trauerspiel bei Stadtteilbibliotheken

Es gibt mal wieder neue Zeiten:

Öffnungszeiten der Stadtteilbibliotheken ab 1. Januar 2011:

Arheilgen: Mittwoch von 14 bis 18 Uhr und Donnerstag von 9 bis 12 Uhr

Bessungen: Dienstag von 9 bis 12 Uhr und Donnerstag von 14 bis 18 Uhr

Eberstadt: Dienstag von 14 bis 18 Uhr und Freitag von 9 bis 12 Uhr

Kranichstein: Dienstag von 14 bis 18 Uhr und Mittwoch von 14 bis 18 Uhr.

Und die Initiative „Büchereien bleiben” sammelt dagegen Unterschriften.

Da haben wir also vier Stadtteilbüchereien, die die meiste Zeit der Woche geschlossen sind. Jede hat sieben Stunden die Woche offen. Besser als nichts, mag man sagen, aber das ist doch irgendwie Kappes. Es sei denn, man möchte die Außenstellen so unattraktiv machen, dass am Ende die Leser wegbleiben, und man sie endlich „leider, leider” schließen kann muss.

Wenn man mal sagt, dass ein „Werktag“ von 9 Uhr bis 12 Uhr und von 14 Uhr bis 18 Uhr geht, dann wären dies bei einer Fünf-Tage-Woche 35 Stunden. Davon haben die Stadtteilbüchereien 80 Prozent geschlossen. Da stehen also Gebäude voller Medien umgerechnet an vier von fünf Tagen rum. Genaugenommen stehen sie sechs von sieben Tagen rum. Mit all den Nebenkosten, die die Gebäude so mit sich bringen. Das ist doch alles jenseits von Effizienz.

Wie wäre es mal mit einer ehrlichen Überlegung von Seiten der Verwaltung und Stadtregierung, wie das weitergehen soll? Wie hoch müssten beispielsweise Leihgebühren sein, damit die Bibliotheken (Personal- und Betriebskosten) bei einem 5-Tage-Betrieb (9-12h, 14-18h) die Stadt nichts kosten? Nur damit man mal die Kosten sieht. Und die Forderungen der BI einsortieren kann.

Juli 1989 – „Das Omen“, ein Hit aus Darmstadt

Im Juli vor 21 Jahren stürmte ein Bessunger die Hitparaden. Michael Krautter, Abiturient auf der Marienhöhe (und bei mir im Jahrgang) vertrieb im Sommer 1989 mit „Das Omen“ – einer der ersten Eurodance-Hits – und seiner Band „Mysterious Art“ das schwedische Pop-Duo „Roxette“ von der Spitze der Charts. Wer von den Älteren sich erinnert: Der Song begann mit einem von Gustav Gründgens gesprochenen Mephisto-Zitat vom Band.

Michael Krautter (der Keyboarder im Video), der inzwischen mit seiner Familie in Kanada lebt und arbeitet, erinnert sich: „‚Mysterious Art‘ habe ich als Künstlernamen zum ersten Mal im April 1988 benutzt. Zwei Monate später kam Stephanie Trautmann dazu. Mit ihr entstand das Mystic-Classic-Dance Konzept von ‚Mysterious Art‘.“ Im September komponierte er dann die erste Instrumentalversion von „Das Omen“auf einem Commodore 64.

In der Aschaffenburger Diskothek „Aladins“ wurde der Song noch im gleichen Monat um Mitternacht erstmals gespielt. „Wir glaubten es kaum als der ganze Tanzboden zu beben begann und alle Teenies nach meiner Musik mit dem geheimnisvollen ‚Das Omen‘ Sprechgesang tanzten“, blickt Krautter zurück. „Ohne Frage, das war ein irres Gefühl.“ Eine Kopie der Kassette ging unter der Hand weiter und so lief „Das Omen“ bald in zahlreichen Diskotheken im Raum Frankfurt und Wochen später in ganz Deutschland. „Ohne, dass auch nur eine einzige Platte davon gepresst war“, betont der Künstler. „Ein PhänOmen“.

Es folgte ein Plattenvertrag, der Aufstieg in der Hitparade und Auftritte bei der ARD-Popmusiksendung „Formel Eins“ mit Krautter am Keyboard. „Als wir im Juli 1989 auf Platz 1 der Media Control Charts gelandet sind und neun Wochen Nummer eins blieben, haben wir natürlich alle nur gestaunt und uns riesig darüber gefreut.“

Weniger erfreut war er über seinen Vertrag, mit dem er sich über den Tisch gezogen fühlte. Der musikalische Erfolge bestehe aber noch heute, erklärt Krautter: „‚Das Omen‘ ist auch zwanzig Jahre später immer noch das einzige deutsch verlegte Werk der CBS Music Publishing Germany, das die Nummer 1 der deutschen Hitparade erreicht hat.“ Später komponierte Krautter zusammen mit Mario Habelt fast die ganze Musik der ersten Omen-LP „The Story“. Inzwischen arbeitet Michael Krautter als Informatiker in Montreal. Natürlich schaut er auch in Deutschland bei Familie und Freunden vorbei. „Was leider in den vergangenen Jahren etwas seltener geworden ist, denn Geschäft, Familie und lange Reisen sind manchmal nur schwer unter einen Hut zu bringen.“

Siehe auch: Der letzte Sommerhit der 80er – Propagandas Erben.


Der Artikel erschien im März 2009 in „Die Lokale Zeitung“. Eigentlich wollte ich damals auch den Produzenten Mike Staab befragen, hatte dann aber Michael Krautter in Kanada erreicht – und es ging ja um die darmstadtzentrierte Schlagzeile. Jetzt lese ich, dass der Produzent im Mai 2009 gestorben ist.

Nachtrag, 26.4.2014: Am 30. Mai 2011 verstarb Gitarrist Tillmann Uhrmacher. Er wurde 44 Jahre alt.

„Für Dich, oh Herr der Welt, Dein Tag anbricht“

On Her Majesty’s Secret Service (1969) – Official Trailer

Heute lief in HR3 „Im Geheimdienst ihrer Majestät“. Kurz vorm Finale heuchelt Tracy Interesse an Blofeld vor und sie schmeichelt ihn mit einem Gedicht:

Für Dich, oh Herr der Welt, Dein Tag anbricht,
Für Dich erglänzt das Gras im Sonnenlicht,
Für Dich versinken Schiffe tief im Meer,
Für Dich sind Märkte da mit ihrem Sklavenheer,
Für Dich der Hammer auf dem Amboss klingt,
Für Dich der Dichter von Verführung singt.

In einem James Bond-Forum fand ich heraus, dass es im Original von James Elroy Flecker und aus dem Schauspiel “Hassan: A Soldier’s Story” stammt:

Thy dawn, O Master of the World, thy dawn;
For thee the sunlight creeps across the lawn,
For thee the ships are drawn down to the waves,
For thee the markets throng with myriad slaves,
For thee the hammer on the anvil rings,
For thee the poet of beguilement sings.