Von Null auf fünf Jahre Haft

Es gibt Straftaten bei denen ist man mit einer einzigen Tat ohne Chance auf Bewährung fünf Jahre in Haft – ohne jemanden umzubringen oder zu verletzen. Das ist unter anderem schwerer Raub. Da reicht es, einem Kassierer ein Messer (und sowas hat jeder in der Küche) unter die Nase zu halten und „Geld her!“ zu sagen. Zack, gibt es fünf Jahre. Ok, wenn man erwischt wird und mindestens 21 Jahre alt ist.

Ähnlich ist es, wenn man Drogen und eine Waffe dabei hat. Oder eine Waffe bei den Drogen in der Wohnung liegt. Bewaffneter Drogenhandel fängt auch bei fünf Jahren Freiheitsstrafe an.

Und jetzt praktisch: Alleine weil ein 31 Jahre alter Michelstädter Drogenabhängiger im Januar bei einer Polizeikontrolle mit einem Messer und Rauschgift (ein schönes Wort) erwischt wurde, war er nun vor dem Landgericht gelandet. Wegen dieser möglichen fünf Jahre Haft. Das Amtsgericht darf maximal vier Jahre Freiheitstrafe verhängen.

(€) Echo online: Freiheitsstrafe für Mann aus Michelstadt wegen Drogenhandel

TV-Krimis und die Rechtslage

Der Löwenbrunnen am Mathildenplatz und das Justizzentrum im Herbst.

Er dürfe ja gar keine Krimis mehr gucken, sagte mir mal ein Staatsanwalt. Seine Frau habe ihm das verboten, weil er sich stets über die Fehler beschwere, die in den Serien gemacht würden.

Irgendwie kenne ich das. Die Krimis gehen für mich ja noch, weil ich die echte Polizeiarbeit* nicht kenne, aber sobald die Handlung vor Gericht geht, dann kenne ich mich etwas aus. Und das allererste was nicht stimmt, ist die Anzahl der Zuschauerinnen und Zuschauer. Bei den meisten Verfahren ist kaum jemand da, obwohl sie öffentlich sind. Klar, es gibt die spektakulären Fälle, da ist dann die ganze Nachbarschaft da, weil sie die Angeklagten kennen.

Aber meistens bekommt man leicht einen Platz (wenn die nicht wegen einer Pandemie reduziert sind). Was es auch sehr sehr selten gibt, sind Plot-Twists oder die massiven persönlichen und absurden Verwicklungen, wie es sie bei den Gerichtshows im Privatfernsehen gab.

Nun war bei der Darmstädter juristischen Gesellschaft ein Vortrag zu dem Thema. Und dem Referenten Maximilian Herberger waren auch noch ein paar zivilrechtliche Fehler in den Serien aufgefallen.

(€) Echo online: Wenn TV-Ermittler Falsches behaupten

Der Referent hatte auch einen Linktipp: Das Blog klartext-jura.de seiner Tochter, die ebenfalls Juristin ist. Die schaut ab und an die ZDF-Serie „Der Staatsanwalt“ und entdeckt dann auch Fehler.

* Was ich so von der Polizeiarbeit mitbekomme ist, dass die viel arbeitsteiliger vorgehen, als die TV-Ermittlerinnen und -ermittler. In Wirklichkeit sind viel mehr Kräfte involviert, als in einer Fernsehserie. Nur würde das für uns Zuschauer dann zu unübersichtlich. Ich biege mir das im Kopf dann so zurecht, dass das im TV ermittelnde Duo halt die sind, die bei dem Fall die Ermittlungen leiten.

Doktortitel macht neugierig


Neulich war ich im Gericht und las auf dem Aushang vorm Saal den Namen des Angeklagten und anderer Prozessbeteiligter. Und als ich las, dass der Angeklagte promoviert ist, dachte ich mir, den google ich mal. Tja. Der Mann taucht schon ein paarmal in den Medien auf. Und seine Nachbarn saßen auf den Zuschauerplätzen. Und nein, aus Neid und Häme waren die nicht da, eher weil sie entsetzt waren und wissen wollten was passiert war.

Versuchter Totschlag in der Parkstraße – Prozessauftakt im Liebighaus

Der Günther-Ziegler-Saal im Justus-Liebig-Haus ist mal wieder Verhandlungssaal für das Darmstädter Landgericht, damit bei vier Angeklagten pandemiekonforme Abstände eingehalten werden können.

(€) Echo online: Eine Aussprache zwischen zwei Familien im Mai 2020 endete mit Schüssen und mehreren Festnahmen

Mörlenbacher Kindermorde nochmal vor Gericht

Am 30. August 2018 gibt ein Mörlenbacher Ärztepaar mit seinen zwei Kindern noch einmal die Familie, wie man sie aus gefälligen Fernsehserien kennt. Vater und Mutter, beide promovierte Zahnärzte, eigenes freistehendes Haus, fahren mit ihren beiden, in Sportvereinen aktiven „Prachtkindern“ (so der Vater), nach Frankfurt-Sachsenhausen in die Schweizer Straße zum Apfelwein Wagner. Und machen sich einen schönen Nachmittag. Den letzten ihres Lebens.

Am nächsten Morgen findet die Feuerwehr die Kinder. Erschlagen, erstochen und verbrannt in ihren Betten. Die Eltern wurden von den Rettungskräften in einem geliehenen VW Golf mit laufendem Motor in der verschlossenen Garage entdeckt und gerettet.

Heute vor genau zwei Jahren hatte vorm Darmstädter Landgericht der Prozess gegen die Eltern begonnen. Am 11. Verhandlungstag, am 19. Juni, fiel das Urteil: Lebenslang wegen Mordes und Brandstiftung für den 61 Jahre alten Vater, zudem stellte die Kammer die besondere Schwere der Schuld fest. Und zwölf Jahre Haft für die 48 Jahre alte Mutter wegen Brandstiftung und Beihilfe zum Mord. Sie hatte im Prozess eine Tatbeteiligung bestritten. Hatte aber im Gefängnis einer Bediensteten „Der Deal zwischen mir und meinem Mann war eigentlich, dass wir entweder alle sterben oder keiner“ gesagt.

Beide Angeklagten legten Revision ein, die der Frau hatte teilweise Erfolg. Eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts musste nochmal über die Strafhöhe entscheiden, da der Bundesgerichtshof im Urteil von 2019 zwei Formulierungsfehler festgestellt hatte. Die Feststellungen des Landgerichts zur Tatbeteiligung der Mutter hatte der BGH aber nicht vervorfen.

Über die Revision der Mutter entschied vergangene Woche eine andere Schwurgerichtskammer.

(€) Echo online: Mörlenbacher Kindsmorde: Es bleibt bei zwölf Jahren Haft

Strafprozess ist blöd, da kommen Sachen raus

Wenn es geht, sollte man einen Strafprozess vermeiden. Sagt sich natürlich leicht, als Täter man geht ja davon aus, dass man nicht erwischt wird. Oder einem ist in dem Moment alles egal.

Jedenfalls kann im Laufe einer Gerichtsverhandlung neben der Hauptsache auch für den Fall scheinbar nebensächliche Dinge zur Sprache kommen, über die man als Angeklagter aber eigentlich nicht reden wollte. Meistens ist ein Strafprozess öffentlich, ausgeschlossen wird die Öffentlichkeit in der Regel nur bei Sexualstraftaten. Aber auch das ist dann nicht durchweg geheim.

Bei einem aktuellen Verfahren geht es um eine Sachbeschädigung, die der Angeklagte gerichtlich klären lassen will. Aber plötzlich will das Gericht die Einkommensverhältnisse und Kreditraten des Angeklagten ganz genau wissen, weil die Angaben des Angeklagten nicht plausibel erscheinen. Und dann droht das Gericht sogar eine Hausdurchsuchung an, um an Unterlagen zu kommen. Das monatliche Einkommen ist wichtig für eine Strafkammer, falls eine Geldstrafe verhängt werden soll, die Höhe (der Tagessatz) richtet sich nach der individuellen finanziellen Leistungsfähigkeit.

Oder: Ein Vereinsvorsitzender war verdächtig, Vereinsgelder veruntreut zu haben. Im Prozess kam dann die wirtschaftliche Lage des Mannes zur Sprache.

In einem anderen Fall lehnte ein Unternehmer einen Strafbefehl wegen Steuerhinterziehung ab, also traf man sich vor Gericht. Wo es allerdings auch dazugehört, dass das Vorstrafenregister verlesen wird.

Oder: Bei einem Fall mit einem Vater der seinen Sohn geschlagen haben soll, soll auch die Mutter und Ehefrau aussagen. Und sie sagt aus. Dabei kommt zur Sprache, dass in der Wohnung noch eine zweite Frau wohnte, die mit der Ehefrau eine intime Beziehung hatte. Nicht schlimm, aber plötzlich hatte der Prozess was von diesen Gerichtshows, die es mal im Privatfernsehen gab.

Und vor vielen Jahren bei einem Prozess um Steuerhinterziehung in Millionenhöhe ging es irgendwann darum, ob der Angeklagte eine Affäre mit der älteren Dame hatte, die ihm und seiner Familie wertvolle Geschenke gemacht hatte.

Missbrauch, Duschvideos und ein kleines Buch

Warten auf die Prozessbeteiligten – im alten Darmstädter Schwurgerichtssaal.

Ein Mühltaler steht seit Freitag wegen Kindesmissbrauchs vor Gericht – aber nicht nur deswegen. Er soll auch noch junge Frauen beim Duschen heimlich gefilmt haben. Und er soll eine kinderpornografische Schrift angefertigt haben – was zu dann auch zu den Ermittlungen geführt hatte.

Wie es im Leben so ist, wenn man den vollauf geständigen Angeklagten sieht und reden hört, passt das Äußere nicht zu den Taten. Man kann den Menschen halt nicht in den Kopf gucken.

Echo online: Mühltaler wegen Kindesmissbrauchs vor Gericht (€)

Dem Symbolfoto auf der Spur – die Justizia auf dem Römerberg


Irgendwann fragte ich mich, wo denn eigentlich diese Justizia-Figur steht, die so gerne als Symbolbild verwendet wird, wenn über irgendeinen Prozess berichtet wird.

Erst dachte ich ja, die steht an einem Ort wie Wetzlar – weil dort der letzte Sitz des Reichskammergerichts war, einem der obersten Gerichte des Heiligen Römischen Reichs. Dann aber stellte ich über Bilddatenbaken fest, dass ich an dieser Justizia schon öfters vorbeigelaufen war – weil sie auf dem Frankfurter Römerberg steht.

Und damit steht sie dann doch auch in einer Stadt, in der mal das Reichskammergericht war. Denn nach seiner Gründung war das Gericht für zwei Jahre (1495-1497) in Frankfurt.

Junger Mann vergibt Chance auf Neustart mit seiner Familie in Bickenbach

Ein junger Mann, der bis 2014 im nordhessischen Twistetal gelebt hat, will im südhessischen Bickenbach zur freiwilligen Feuerwehr. Der 24-Jährige sagt, er war schonmal bei einer Wehr in Nordhessen, die Feuerwehrleute zeigen ihm Gerätehaus und Fahrzeuge. Bei einem Einsatz wegen eines brennenden PKW-Anhängers darf er mitfahren. Aber er bringt sein polizeiliches Führungszeugnis einfach nicht bei. Als der stellvertretende Gemeindebrandinspektor immer wieder nachhakt, offenbart der Bewerber, dass er wegen Brandstiftung vorbestraft sei. Das geht natürlich nicht, damit konnte er nicht bei der Feuerwehr mitmachen. Das war im Sommer 2019.

Diese Woche wurde der inzwischen 26 Jahre alte Mann erneut wegen Brandstiftung und versuchter schwerer Brandstiftung in zwei Fällen vom Darmstädter Landgericht zu sieben Jahren Freiheitsstrafe verurteilt.

Echo online: Bickenbacher Brandstifter muss in Haft (€)