Wieder ein Beleg für die falsche EU-Vakzineinkaufstrategie 2020

Egal wie man die Thrombosen-Nebenwirkung des Astra-Zeneca-Vakzins bewertet, sie und der momentane Impfstopp in Deutschland, zeigen wieder, dass die EU-Kommission im Sommer 2020 falsch eingekauft hat. So ein Ausfall eines Impfstoffs nach der Zulassung zeigt wieder, dass man bei jedem Impfstoff so viel bestellen hätte müssen, dass er für „alle“ EU-Bürger reicht.

Weil es eben bei der Entwicklung (Sanofi, IDT Biologik), der Produktion (Astra-Zeneca, Biontech), der Verteilung (noch nichts gehört) und/oder den Nebenwirkungen (Astra-Zeneca) Rückschläge geben kann. Und dann hilft es nicht, dass man in Summe ausreichend bestellt hat.

EU-Kommissionspräsidentin gibt Versäumnisse zu

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat im EU-Parlament Versäumnisse bei der Vakzinbestellung eingeräumt.

„Wir waren spät bei der Zulassung, wir waren zu optimistisch bei der Massenproduktion, und vielleicht waren wir uns auch zu sicher, dass die Bestellungen pünktlich geliefert werden.“

Und deswegen war es natürlich richtig, bei mehreren Herstellern zu bestellen, um Ausfallsrisiken zu minimieren. Nur bestellt man dann aber bei jedem gleich so viel, dass es auf jeden Fall für alle EU-Bürger reicht. Denn wenn im blödesten Fall am Ende nur ein Impfstoff durchkommt (wegen Problemen bei Zulassung, Produktion und Logistik), dann hat man auf jeden Fall genug davon da.

Überschüssigen Impfstoff gibt es bei der worst case-Variante nicht, denn der wird ja später geliefert und kann umgeleitet werden. Oder es gibt ihn gar nicht.

Tatsächlich aber waren die Bestellungen aufgeteilt und es wurden bei drei Herstellern je 400 Millionen Dosen bestellt. Je nach Vakzin reichen die für 200 oder 400 Millionen Bürger, weil man zweimal geimpft werden muss. Nur beim Johnson & Johnson-Produkt soll eine Impfung reichen.

Curevac: 405 Millionen Dosen
Johnson & Johnson: 400 Millionen Dosen
Astra-Zeneca: 400 Millionen Dosen
Biontech: 300 Millionen Dosen
Sanofi: 300 Millionen Dosen
Moderna: 160 Millionen Dosen

Und angesichts der vielen Toten, Kranken, Langzeitkranken, den Folgen für die Bildungs- und Gesundheitssysteme sowie die Volkswirtschaften und die Steuereinnahmen, war Sparen bei der Vakzinbeschaffung halt falsch. Und da erwarte ich, von einer Behörde wie der EU, die ja auch nicht so schlecht bezahlt, dass deren Leute sowas berücksichtigen.

Die Vielleicht-Strategie der EU beim Impfstoff

MSD (Merck Sharp & Dohme, das ist nicht Merck in Darmstadt) und das französische Pasteur-Institut wollten ebenfalls ein Vakzin gegen das Coronavirus entwickeln, haben jetzt aber mitgeteilt, dass sie gescheitert seien.

Das sind jetzt ja Partner, die eine gewisse Größe haben, MSD ist größer als die Merck KGaA. Schaffen es aber nicht, was zeigt, dass Forschung auch glückliche Momente braucht.

Und es ist ein klarer Hinweis für mich, dass die Impfstoff-Einkaufstrategie der EU-Kommission ab Mitte 2020 schon im Ansatz falsch war.

Ursprünglich wurden 200 Millionen Dosen bei Biontech/Pfizer und 80 Millionen Dosen bei Moderna bestellt. 405 Millionen Dosen bei Curevac und je 400 Millionen vom britisch-schwedischen Unternehmen Astra-Zeneca und vom amerikanischen Hersteller Johnson & Johnson. Später wurden nochmal 180 Millionen Dosen (Biontech/Pfizer: 100 Millionen, Moderna: 80 Millionen) nachbestellt bzw. die Option bei Biotech wurde gezogen.

In Summe waren das über 1,4 Milliarden Impfdosen. Teilen wir die mal durch zwei, wenn man vorsichthalber davon ausgeht, dass immer zwei Gaben des Vakzins benötigt werden, dann sind das immer noch Impfstoffe für über 700 Millionen Personen. Es sollte also für die 450 Millionen EU-Bürger reichen.

Die Rechnung geht aber nur auf, wenn alle Hersteller mehr oder weniger gleichzeitig fertig werden, diese auch hinreichend wirken und man dann auch noch laufend Vakzine geliefert bekommt. Und das hätte die EU meiner Meinung nach nicht riskieren dürfen. Denn die Bestellungen decken mehrere Ausfälle (nicht fertig, wirkt nicht wie gedacht, Lieferungen fallen aus) nicht ab. Und dass das passieren kann, zeigt die Historie der Impfstoffe und zeigen aktuell eben MSD/Pasteur, die Verzögerung bei Sanofi, die möglichen Einschränkungen bei Astra-Zeneca und die Lieferschwierigkeiten bei Biontech (und Astra-Zeneca).

Aktuell sind in der EU nur die RNA-basierten Vakzine von Biontech und Moderna zugelassen (das von Astra-Zeneca soll kommen). Von den neuartigen RNA-Impfstoffen hatte die EU 280 Millionen Dosen bestellt, reicht für 140 Millionen Personen. Ok, die Nachbestellungen. 180 Millionen Dosen, also Impfstoff für weitere 90 Millionen Menschen. Womit dann 230 Millionen EU-Bürgerinnen und Bürger geimpft werden könnten. Vielleicht reicht es ja. Vielleicht bekommt Astra-Zeneca auch eine Zulassung. Vielleicht bekommt Johnson & Johnson eine Zulassung. Vielleicht bekommt CureVac eine Zulassung. Und vielleicht bekommt Sanofi es auch noch hin.

Das sind mir ein paar zu viele „Vielleichts“ auf die da ab Sommer 2020 gesetzt wurde. Angesichts der Toten, der (Long-Covid-)Erkrankten und den volkswirtschaftlichen Folgen, die ja schon da waren. Die EU hatte im ersten Halbjahr 2020 133.000 Covid-19-Tote das waren rund 5000 mehr als die USA mit 128.000. Die 100.000 hatte die EU im April überschritten. Und Ende Juni schlägt die EU ein Biontech-Angebot von über 500 Millionen Dosen aus – welt.de: Republik des Missmanagements (€). Und anstelle zu sagen, ‚ok, die nehmen wir und weitere 300 Millionen‘ (und bei den anderen sechs Herstellern genauso), wurde das Risiko „gestreut“ und gehofft, dass die Lieferungen schon zusammenkommen werden.

Ende 2020 waren es dann 370.000 Tote in der EU und 346.000 in den USA. Aber bei uns hörte man ja nur von den Todeszahlen im Lande Donald Trumps. Wo inzwischen über drei Millionen Menschen vollständig geimpft sind. Und in der EU sind es keine 500.000 (Stand 24.1.2021).

Stand der Impfungen am 24. Januar 2021. Quelle: ourworldindata.org

Und damit mich keiner falsch versteht: Ein Charakter wie Donald Trump darf nie Chef von irgendwas werden. Dieses Nachtreten, diese Häme, dieser Umgang mit der Wahrheit, dieses Andeuten von erfundenen Behauptungen, das geht gar nicht.

Vakzinierung: Abgehängt von Israel, Großbritannien und den USA

Ourworldindata.org: COVID-19 vaccination doses administered per 100 people, Jan 2, 2021

Dass das mit dem Impfen gegen Covid-19 langsam anläuft, ok, aber wenn ich sehe, dass es zeitgleich woanders deutlich besser läuft, dann wundere ich mich ja schon.

Mir fällt auf, dass selbst Länder wie USA und UK mit bislang eher suboptimalen Pandemiemanagement (jedenfalls in meiner Wahrnehmung) drei- bis sechsmal besser als Deutschland gestartet sind.

Ich frage mich auch, wo bei der EU-Kommission, die die Vakzine einkaufen sollte, die Prioritäten lagen? Täglich infizieren sich Personen und es sterben Menschen in Größenordnungen von Flugzeugabstürzen. Und vor dieser zweiten Welle hatten alle Experten gewarnt. Weil es sie immer gibt.

Es verbrennen zur Zeit Milliarden Euro in den Volkswirtschaften und werden auch direkt über Konjunkturprogramme rausgehauen, um die Symptome der Coronavirus-Pandemie zu bekämpfen. Die 20 Milliarden Euro für die Mehrwertsteuersenkung sind z.B. so eine Maßnahme. Wieviel hätte man da bei Biontech oder Moderna kaufen können? Einiges (Preisliste pro Dosis: Astra Zeneca: 1,78 Euro; Johnson & Johnson: 6,95 Euro; Sanofi-GSK: 7,56 Euro; Curevac: 10,00 Euro; Biontech/Pfizer: 12,00 Euro; Moderna: 14,70 Euro.)

Rechnerische Kosten, um die ganze EU-Bevölkerung impfen zu können.

Hochgerechnet bedeutet das, dass 900 Millionen Impfdosen von jedem Hersteller insgesamt rund 50 Milliarden Euro gekostet hätten. 1,8 Milliarden Euro pro EU-Land. Und wenn man es auf die Bevölkerung umrechnet entsprechend mehr oder weniger. Deutschland bräuchte 166 Mio. Impfdosen, was so rund 9,3 Milliarden Euro bedeutet hätte. Zum Vergleich: Rund neun Milliarden Euro hatte alleine die Lufthansa bekommen. Und die sogenannte Novemberhilfe wird mit 26 Milliarden Euro veranschlagt.*

Und dann wollte man beim Vakzin, das an der Ursache ansetzt, sparen. Ausgerechnet da. Oder glaubte anscheinend, dass Forschung so geplant funktioniert wie im Computerspiel „Civilization“ und sich an die Daten im Businessplan hält – und man deswegen im Herbst 2020 garantiert aus sechs Anbietern günstig auswählen kann.

Und nein, ich muss kein Huhn sein, um zu erkennen, dass ein Ei faul ist. Israel ist beim Impfen 50x weiter als wir, hat aber nur 10x weniger Einwohner.

Nachtrag: Die EU-Kommission hat insgesamt zwei Milliarden Dosen bestellt. Aber von den 2 Milliarden können wir aktuell die 300 Millionen von Sanofi schonmal abziehen, weil die erst irgendwann im Jahr 2021 eine Zulassung beantragen werden. Ebenso haben die anderen bis auf Biotech bei uns zur Zeit noch keine Zulassung.

Genaugenommen ist aktuell ein zugelassener Impfstoff für 150 Mio. Menschen bestellt (Biontech, 300 Millionen Dosen für je zwei Impfungen). Im November. Man war gar nicht im Sommer ins „Risiko“ gegangen, auf falsche Pferde zu setzen.

Ruhrbarone.de: EU-Impfdebakel – Am 14. August schloss (die EU) einen Vertrag mit AstraZeneca ab, am 18. September mit Sanofi, am 7. Oktober mit Johnson & Johnson. Am 11. November wurde man sich mit Biontec einig, am 19. November mit Curevac und am 25. November mit Moderna.

Gehen wird davon aus, dass Moderna und Astrazeneca auch Zulassungen bekommen (weil sie sie schon in den USA und UK haben), sind es 860 Mio. Dosen, also für 430 Mio. Menschen in der EU.

Ok, das könnte reichen. Aber wie ich das verstehe, basiert diese Gesamtzahl auf weiteren Bestellungen vom Dezember.

Denn bis Mitte Dezember sah es so aus:

Spiegel: Deutschland wird wohl nicht genügend Vakzinen haben, um die Pandemie bereits im Sommer zu beenden (€) – Bi­ontech/​Pfi­zer, des­sen Kan­di­dat am 21. De­zem­ber zu­ge­las­sen wer­den soll, wird nach jet­zi­gem Stand im ers­ten Halb­jahr un­ge­fähr 45 Mil­lio­nen Do­sen nach Deutsch­land lie­fern kön­nen. Mo­der­na, des­sen Impf­stoff am 6. Ja­nu­ar zu­ge­las­sen wer­den soll, könn­te rund 15 Mil­lio­nen Do­sen lie­fern. Macht zu­sam­men rund 60 Mil­lio­nen Do­sen.“

* – Nebenbei zeigt dies, dass man mit Impfen eigentlich nicht den großen Reibach macht. Viel lohnender wäre es, wenn man nur Schnelltests hätte, die man oft wiederholen muss. Und Medikamente, die man täglich nehmen muss.

This illustration, created at the Centers for Disease Control and Prevention (CDC), reveals ultrastructural morphology exhibited by coronaviruses.

(Ergänzt am 4.1.2021 um 12.14 Uhr)

EU fragt nach der Sommerzeit

Die EU-Kommission fragt die Bürger zur Sommerzeit.

Die EU-Kommission befragt das Volk zu Sommerzeit. Die Adresse dazu ist https://ec.europa.eu/eusurvey/runner/2018-summertime-arrangements?surveylanguage=DE – wenn der Server nicht gerade überlastet ist.

Ich war ja jahrelang gegen die Sommerzeit, weil die Uhrumstellerei Aufwand macht, keine Energie gespart wird und ich nichts davon habe, dass die Stunde die mir im Frühjahr genommen wird, im Herbst wieder da ist.

Dann aber hatte schon vor zwei Jahren der Astronom Florian Freistetter was zur Sommerzeit geschrieben. Weiterlesen