Die DSGVO und die Vereine

Wie die DSGVO Vereine beschäftigt, beschreibt das Starkenburger Echo am Samstag:

Starkenburger Echo: Neue Datenschutzverordnung stellt südhessische Vereine auf die Probe – Etliche Vereine haben ihre Homepage abgeschaltet. […] Das alles beherrschende Thema [auf der Versammlung des Heppenheimer Turnvereins] war die DSGVO. […] „Wir werden nicht umhinkommen, einen Datenschutzbeauftragten zu installieren“, erklärte Vorsitzender Karl-Heinz Krauß. […] „Das nimmt Formen an, über die sich in Brüssel keiner wirklich Gedanken gemacht hat“, so Rimann.

Die Probleme der Vereine bestätigen mein Eindruck, dass das mit „das ist doch schon 2016 alles beschlossen worden“ billiges, selbstrechtfertigendes Geschwätz der Gesetzesmacher ist. Denn die vergangenen zwei Jahre war kein Europapolitiker durch seine Regionen getingelt und hat auf die DSGVO hingewiesen. Auch keiner seiner Parteifreunde war da groß unterwegs. Die kannten (je nach Partei) nur Themen wie Flüchtlinge, Obergrenze, Schulzzug oder Glyphosat.

„Kontrollierte Zentren“ – Nun ja

Manche Begriffe klingen erstmal ganz gut, aber …

Udo Vetter via Twitter: Ein auf dem ersten Blick gelungener Schachzug, die geschlossenen Flüchtlingslager auf EU-Ebene schönfärberisch als „Kontrollierte Zentren“ zu bezeichnen.

Nur anscheinend hat da keiner auch nur einen Zentimeter, abgekürzt cm, weiter gedacht.

Tasächlich gibt es diese Formulierung.

tagesschau.de: Flüchtlingszentren – was meint die EU damit? – In dem Text, auf den sich die 28 Mitgliedsstaaten geeinigt haben, ist nur vage von „kontrollierten Zentren“ die Rede, in die Bootsflüchtlinge, die auf dem Mittelmeer gerettet werden, künftig gebracht werden sollen.

 

Flüchtlinge in Schweden

Neulich gingen Zahlen rum, die zeigten, dass andere europäische Länder, z.B. Schweden, mehr Flüchtlinge pro Einwohner aufnehmen als Deutschland.

mediendienst-integration.de: Wer nimmt die meisten Flüchtlinge auf? – Den höchsten Flüchtlingsanteil pro Einwohner hatte 2013 laut Eurostat Schweden (5,7 Asylanträge pro Tausend Einwohner), gefolgt von Malta (5,3 Anträge). Das wirtschaftlich starke Deutschland belegte im vergangenen Jahr mit 1,5 Asylbewerbern pro Tausend Einwohner lediglich Platz sieben in der EU – noch hinter Österreich (2 Asylbewerber pro Tausend Einwohner) Luxemburg (1,9) Ungarn (1,9) und Belgien (1,8).

Und im Juni 2014 berichtete der Deutschlandfunk über syrische Flüchtlinge in Schweden.

Deutschlandfunk: Schweden sagt Willkommen – In Schweden bekommt jeder syrische Flüchtling ein permanentes Bleiberecht, darf arbeiten, erhält finanzielle Unterstützung und Sprachunterricht. Diese Bedingungen machen das Land zu einem beliebten Ziel vieler Syrer. Beachtlich: Überfordert sind die schwedischen Behörden deshalb aber nicht.

Ich glaube aber nicht, dass das der Sache hilft, denn so ganz reibungslos läuft das in Schweden nicht, wie Telepolis schon im Januar 2014 nahelegte:

Telepolis am 23. Januar 2014: Schwedens liberale Flüchtlingspolitik am Scheideweg – Von Ghettobildung und Perspektivlosigkeit ist in Schweden die Rede, vor allem seit den Unruhen im Stockholmer Migrantenviertel Husby im vergangenen Mai. Das Erschießen eines älteren Mannes durch Polizisten führte dort zu mehrtägigen Krawallen, die das Selbstbild vom ausgeglichenen Schweden, wo jeder seinen Chance und seinen Platz haben soll, erschütterte. Im kommenden Herbst finden die Parlamentswahlen statt, die Einwanderungspolitik wird zur immer wichtigeren Frage.

Zu den Wahlen meldete dann Spiegel Online:

SpOn: Niederlage der Konservativen – Die Rechtspopulististen werden mit 13 Prozent die mit Abstand drittstärkste Partei im Reichstag, 2010 hatten sie mit 5,7 Prozent erstmals den Sprung in das Parlament geschafft. (…) Die für euroskeptische und ausländerfeindliche Parolen bekannte Partei hat ihre Wurzeln im rechtsradikalen Milieu und genießt vor allem Rückhalt bei Wählern, die sich vom traditionellen Parteienspektrum nicht vertreten fühlen und eine drastische Reform der Asylpolitik befürworten.

Und heute (19.1.2015) heißt es im Radio:

Deutschlandfunk: Schweden bereitet sich auf Flüchtlingswelle vor – Dieses Jahr erwartet Schweden mehr als 100.000 Asylsuchende, 2012 waren es noch weniger als die Hälfte. Die Behörden zeigen sich vom Ansturm überfordert – und in der Bevölkerung gedeihen die Ressentiments.

3.8.1914 – Deutsche auf Mallorca

Auf der Mittelmeerinsel Mallorca (Spanien) kommen die Krisenmeldungen immer etwas später an. So meldet damals die Zeitung „Ultima Hora“ für den 3. August: „Gestern hatten wir die Gelegenheit, mit dem deutschen Konsul zu sprechen, der uns sagte, dass ihm die deutsche Kriegserklärung an Russland offiziell noch nicht bestätigt sei, sehr wohl aber die allgemeine Mobilmachung der deutschen Truppen.“ Und dann wurde fernrekrutiert: „Die Untertanen des deutschen Reichs, die zum Militärdienst verpflichtet sind, haben sich unverzüglich zu diesem Zwecke zu präsentieren, im Kaiserlichen Deutschen Konsulat in dieser Stadt, Calle Concepción 82.“

Aus: Mallorca Magazin: Mallorca und der Erste Weltkrieg

„Hier wird es eines Tages zu einer fürchterlichen Katastrophe kommen.“

Im Mai und Juni 1914 reiste der Amerikaner Edward M. House als inoffizieller Beauftragter des US-Präsidenten Woodrow Wilson nach Europa. Er sollte Wege suchen, wie die regelmäßig wiederkehrenden Krisen vermieden werden könnten. In Mai traf House den deutschen Admiral Tirpitz und schrieb in seinem Bericht:

sueddeutsche.de: Der Mann, der die Welt retten wollte – „Hier herrscht der völlig toll gewordene Militarismus. Wenn nicht jemand, der in Ihrem Namen handelt, eine Verständigung auf ganz neuem Grunde zustande bringt, so wird es eines Tages zu einer fürchterlichen Katastrophe kommen. Wenn England jemals damit einverstanden ist, werden Frankreich und Russland über Deutschland und Österreich herfallen. England möchte Deutschland nicht gänzlich zerschmettert sehen, denn es hätte dann mit seinem alten Feinde Russland zu rechnen; aber wenn Deutschland auf einer überwältigenden Flotte besteht, wird England keine Wahl haben. Die beste Aussicht auf Frieden bietet eine Verständigung Englands und Deutschlands über die Flottenrüstungen, wenn auch eine zu starke Annäherung zwischen den beiden für uns einen gewissen Nachteil bedeutet …“

ZDF-Sendungen

(PM ZDF) Bis in den Frühherbst hinein setzt das ZDF im Erinnerungsjahr zum Thema „Erster Weltkrieg“ mehrere Programmakzente: Den Auftakt macht „Precht“ am Sonntag, 16. Februar 2014, 0.05 Uhr (eigentlich ist es Montag (17.) wenn man einen Recorder programmieren will). Richard David Precht diskutiert mit dem Historiker und Preußen-Kenner Christopher Clark die Frage „1914/2014 – Lernen wir aus der Geschichte?“. Der Erste Weltkrieg hätte nicht sein müssen, meint der Cambridge-Professor Christopher Clark, der in seinem aktuellen Geschichtsbestseller „Die Schlafwandler“ ebenso detailreich wie packend nacherzählt, wie Machtanmaßung, Engstirnigkeit und Unnachgiebigkeit der europäischen Großmächte direkt in die Kriegshölle führten.

Am Dienstag, 25. März 2014, 20.15 Uhr, zeichnet die „ZDFzeit“-Dokumentation „Mit Jubel in die Hölle“ anhand von Briefen und Tagebüchern Schicksale von Soldaten auf den Schlachtfeldern und ihrer Familien an der Heimatfront nach. Ergänzend zur Dokumentation bietet ZDF.de ab 24. März 2014 ein multimediales Spezial.

Mit der Aufklärung rund um das Attentat in Sarajevo beschäftigt sich der ZDF/ORF-Fernsehfilm „Das Attentat – Sarajevo 1914“ (Arbeitstitel), der am Montag, 28. April 2014, 20.15 Uhr, als „Fernsehfilm der Woche“ gesendet wird. Regie führt Andreas Prochaska, in den Hauptrollen spielen Florian Teichtmeister, Melika Foroutan und Heino Ferch. Eine Dokumentation im Anschluss zeichnet die Hintergründe des folgenschweren Anschlags und die Julikrise von 1914 nach, die in den Weltkrieg führte.

Das ZDF zeigt Teile des Sarajevo-Gedenkkonzerts der Wiener Philharmoniker, das am 28. Juni 2014 stattfindet. An diesem Tag vor genau 100 Jahren wurde der Thronfolger von Österreich-Ungarn in Sarajevo ermordet. Das Attentat gilt als Auslöser des Ersten Weltkriegs.

Links: Zocker und Zeitdruck

RP Online: Erster Weltkrieg – wer hatte Schuld? – Die Nationen wetteiferten um Geltung, Einfluss, Macht – das Resultat waren diplomatische Krisen in Reihe. (…) in Deutschland selbst freilich verfestigt sich die Überzeugung, man sei „eingekreist“ worden (…) Auch der französische Präsident Raymond Poincaré und Zar Nikolaus II. sind überzeugt, dass Entschiedenheit zum Erfolg führt (…) Eyre Crowe, Abteilungsleiter im Foreign Office: „In diesem Kampf, der nicht um den Besitz Serbiens geht, sondern bei dem es sich um das Ziel Deutschlands, seine politische Vorherrschaft in Europa zu errichten (… aber) noch am 1. August taumelt der französische Botschafter Paul Cambon aus einer Besprechung mit (Englands Außenminister) Grey in der schockierten Überzeugung heraus: „Sie werden uns im Stich lassen.“

RP online: Gerd Krumeich: „Deutschland hat das Pulverfass 1914 hochgehen lassen“ – „Noch 1913 hat die deutsche Regierung sehr viel getan, um einen Krieg zu verhindern, der schon in der Luft lag. Aber 1914 wollte man das Attentat von Sarajewo als „Test“ der russischen Kriegsbereitschaft ausnutzen. Man fühlte sich von Frankreich, Russland und England bedroht und glaubte, wenn denn Krieg kommen müsse, diesen „lieber jetzt als später“ führen zu können.“

Diskussion zu Schlafwandler oder Brandstifter?

Die (ich vereinfache) Historiker Gerd Krumeich (Heinrich-Heine Universität), Herfried Münkler (Humboldt-Universität) und Sönke Neitzel (London School of Economics and Political Science) diskutierten am 24. Januar bei einer gemeinsamen Veranstaltung der Körber- sowie Gerda-Henkel-Stiftung (History@Debate) über die Ursachen des Ersten Weltkrieges.

welt.de: „Schlafwandler“ oder „Brandstifter“ – Auf einem Berliner Podium haben Wissenschaftler über die Ursachen des Ersten Weltkriegs gestritten. Die Frage der Verantwortung stellt sich 100 Jahre später neu.

Von der Diskussion gibt es ein 105 Minuten langes Video (auch) bei der Gerda-Henkel-Stiftung. Richtig los geht es ungefähr ab der achten Minute. Es geht auch nicht nur um den Kriegsausbruch, sondern auch um Wissenschaftspolitik und wie welche Trends die Forschung beeinflussen.

Die Vorhersagen des Admirals, des Eisenbahnbarons und des Altkanzlers

Für den britischen Admiral und Ersten Seelord John „Jacky“ Fisher war schon 1911 klar, wann es zum Krieg kommt: Im September 1914. Zu dem Zeitpunkt sollte der Nord-Ostsee-Kanal (damals Kaiser-Wilhelm-Kanal) fertig ausgebaut sein und somit breit und tief genug für die neuen deutschen Schlachtschiffe sein. Wie wir wissen, hat er sich nur um einen Monat verschätzt. Oder er wusste, dass das kaiserliche Marinekabinett auch 1911 geraten hatte, dass wenn es schon knallen muss, dann bitte damit zu warten, bis der Kanal fertig ist.

Grabenkrieg, endlose Belagerungen und Revolution. Das sagte schon 1898 einer für den nächsten großen Krieg voraus.

zeit.de: Die letzte Chance – Die große Friedenskonferenz von Den Haag 1899 – Jeder Krieg werde Jahre dauern, er werde aus einer endlosen Kette von Belagerungsoperationen bestehen, die Soldaten würden sich in einem auszehrenden Grabenkrieg gegenüberstehen. Solch ein Krieg werde Europa in Aufruhr und Revolution stürzen und mit der Abschaffung seiner Monarchien enden.

Das beschrieb der polnische (Polen war damals formell ein Teil Russlands) Industrielle und Eisenbahnunternehmer Jan Bloch (auch Johann von Bloch), in seinem Buch „Die Zukunft des Krieges“, was den Zaren zu einer Friedenskonferenz inspirierte, die 1899 in Den Haag stattfand.

Wie recht von Bloch hatte, erlebte er nicht mehr, er starb 1902.

Oder hatte es der 1890 entlassene Otto von Bismarck auch geahnt, als er nach einem Kaiserbesuch 1897 bei ihm in Friedrichsruh das Schlimmste befürchtete? Als der der Kaiser gegangen war, soll Bismarck gesagt haben: Zwanzig Jahre nach Friedrichs des Großen Tod sei Preußen bei Jena und Auerstedt von Napoleon geschlagen worden. Zwanzig Jahre nach seinem Tod werde „der große Krach“ kommen. Bismarck starb 1898.

Friedrich Engels, 1849: „Der nächste Weltkrieg wird nicht nur reaktionäre Klassen und Dynastien, er wird auch ganze reaktionäre Völker vom Erdboden verschwinden machen. Und das ist auch ein Fortschritt.“

Und nochmal Engels, 1887: „Und endlich ist kein anderer Krieg für Preußen-Deutschland mehr möglich, als ein Weltkrieg, und zwar ein Weltkrieg von einer bisher nie geahnten Ausdehnung und Heftigkeit. Acht bis zehn Millionen Soldaten werden sich untereinander abwürgen (…) Zusammenbruch der alten Staaten und ihrer tragenden Staatsweisheit, derart, dass die Kronen zu Dutzenden über das Straßenpflaster rollen (…)“

Dass das so schön passt, ist naheliegend, es werden ja nur die Vorhersagen beachtet, die eintraten, die anderen lässt man unter den Tisch fallen.