Eine Serie, die bei mit innerhalb von Sekunden durchfällt: „Das Gesetz nach Lidia Poët“

Ich ahne ja, dass sich Netflix etwas davon mit Blick auf Zuschauerzahlen verspricht, seine Serie „Das Gesetz nach Lidia Poët“ mit Sex zu beginnen.

Nur, bei mir fällt eine Serie durch, wenn innerhalb der ersten 20 Minuten der ersten Folge rumgemacht wird. Da kann die Serie noch so gut sein und gelobt werden. Weil mir das inzwischen (naja, seit dem Start von „Six Feet Under“, damals 2004 auf Vox) zu blöde ist.

Ich verstehe komplexe Handlungen und ich bekomme miese Laune, wenn man meint, mich beim Trieb abholen zu können. Und ja, keine Regel ohne Ausnahme, die hatte ich bei „A Game of Thrones“ gemacht.

9. Juni 2019: Wie eine Serie bei mir in der ersten Sekunde durchfällt

Nachtrag: Netflix bringt laut Kino.de im Dezember 2023 einen Film heraus: „Laut Schauspieler Ed Skrein (Deadpool) handelt es sich bei „Rebel Moon“ um „Star Wars, aber mit Sex, Gewalt und Gefluche“ – also um eine Art „Star Wars“ für Erwachsene“ – Na dann hoffe ich mal, dass der Regisseur, die ersten 20 Minuten trotzdem ohne GV o.ä. hinbekommt und der Film auch eine Handlung hat, die die Zuschauer einfängt.

ZDF-Serie „Blutige Anfänger“. Spoilerfreie Kritik zur ersten Staffel

Mit „Blutige Anfänger“ hat das ZDF eine Serie hinbekommen, wie sie für meinen Geschmack immer sein sollte. Abgeschlossene Episoden, aber ein die ganze Staffel durchspannendes Problem, Rätsel oder wie man es nennen mag. (Ja, bei meinen Lieblingsserien „Buffy“ und den ersten drei „Veronica Mars“-Staffeln lief das auch so.)

Die „Blutigen Anfänger“ sind Studierende an einer Polizeihochschule in Sachsen-Anhalt, die ihr Praxissemester in einer Mordkommission absolvieren. Natürlich ist die Mordrate mit einem Opfer pro Folge unnatürlich hoch, wie halt in Krimis üblich. Und dann – sehr gut – gibt es noch einen Fall, der die ganze Staffel durchläuft. In jeder Folge wird der ein Stück weiter entwickelt, bis in der letzten Folge die Lösung kommt.

Da lohnt es sich dann auch jede Folge zu gucken, weil es stets was neues gibt. Und die Wendungen in dem großen Fall mache ich halt mit, weil sie nebenbei passieren. Bei diesen ganzen neumodischen horizontalen Serien interessiert mich nach den ersten zwei Folgen eigentlich nur noch der Schluss. Das Füllmaterial ist mir oft leider egal, weil ich oft das Gefühl habe, dass das nur überambitioniertes Zeugs ist.

Auch sehr angenehm ist, dass die inneren Konflikte – Probleme der Protagonisten mit sich, Freunden und Familie – nicht die äußeren Konflikte – also die Kriminalfälle – dominieren. Auch wenn sie sich durch die ganze Staffel ziehen, wie der große Fall. (Innerer und äußerer Konflikt stehen im Lehrbuch für Drehbuchschreiber.) Wenn ich Seelenschau will, gucke ich das gezielt. Noch ein Plus: Es wird in den ersten zwanzig Minuten kein nackter Darsteller durch Bild geschickt und es wird auch nicht rumgevögelt. Und auch nicht danach, wenn ich mich richtig erinnere.

Noch schöner wäre es gewesen, wenn es mal in einigen Folgen ohne Mord gegangen wäre. Es gibt ja noch andere Verbrechen. Ist natürlich dann nicht mehr Mordkommission.

„Blutige Anfänger“ hat zwölf Folgen und läuft mittwochs ab dem 29. Januar um 19.25 im ZDF. Alle Folgen stehen jetzt schon in der Mediathek.

Die Polizeihochschüler werden gespielt von Jane Chirwa, Luise von Finckh, François Goeske, Timmi Trinks und Larissa Marolt. Die Ausbilder geben Neil Malik Abdullah, Esther Schweins, Werner Daehn, Salvatore Greco, Steffen Groth und Gedeon Burkhard.

Ich lebe auf einem anderen Stern …

… oder ZDF-Programmdirektor Thomas Bellut. Behauptet der doch im Interview mit der Süddeutschen Zeitung ernsthaft, die Serie „Kanzleramt“ wäre nur verkannt worden:

SZ: Was gut gemacht ist, setzt sich also beim Publikum durch?
Bellut: Das ist grundsätzlich meine Überzeugung. Leider gibt es auch gute Projekte, die das Publikum ablehnt.
SZ: Ihr „Kanzleramt“ (13-teilige ZDF-Serie, 2005) zählt dazu.
Bellut: Eine meiner bittersten Niederlagen. Ein tolles Programm. Vielleicht wird ein Begriff wie „Qualität“ einfach zu unterschiedlich definiert.

Sorry, nö. Das Ding wurde sowas von reißerisch angekündigt und war dann sowas von verschnarcht. Und fehlbesetzt: Klaus Behrendt spielte den Kanzler und – der viel mehr als Kanzler wirkende – Robert Atzorn gab den Kanzleramtschef.

Einen weiteren Fehlschlag erklärt Bellut mit mangelndem Audience Flow:

Bellut: Ich habe meine Fehlversuche, das Programm zu verjüngen, hinter mir, ein paar allerdings bestimmt noch vor mir.
SZ: Was war falsch?
Bellut: Bravo TV. Eine ordentliche Sendung. Leider fehlte das Umfeld. Es saß die falsche Zielgruppe für so eine Teenager-Musikshow vor dem Fernseher. Entscheidend ist der Flow, die Menge an Publikum, die ich von einer zur nächsten Sendung mitnehme.

Es ist wohl eher eine andere Galaxis in der Programmdirektoren leben. Wenn man regelmäßig sein Nachmittagsprogramm für Sport, Herrscherhochzeiten, Papst- und Präsidentenbesuche (die natürlich irre wichtig sind – was man daran erkennt, dass sie parallel auf Phoenix und der ARD laufen) umstellt, laufen einem die Zuschauer weg, die sie Sondersendungen null interessieren. Das hat erstmal nichts mit „Flow“ zu tun, sondern mit Zuverlässigkeit. Wenn man laufend das Programm – das einem noch nicht einmal aufgezwungen wird – über Bord wirft, dann nützt auch das schönste Umfeld nichts.