„Haben wir jetzt eigentlich ein Problem?“, fragen sich die OB-Referenten bei ihrem montäglichen geheimem Strategiekränzchen im Rathaus am Luisenplatz. Im großen, weitläufigen Saal 1112c. Da kann man die Abstände einhalten und im 11. Stock kommt auch keiner zufällig vorbei. Die Referentinnen und Referenten denken an die neue „Dies ist ein Platz und keine Grünanlage“-Stadtgestaltungsrichtlinie ihres Oberbürgermeisters. Die hatte er bei der Friedenplatzvorstellung verkündet. Sind Plätze in Darmstadt nun keine Grünanlagen mehr, überlegen die OB-Referenten.
„Alles super“, sagt der Finanzreferent und freut sich über die Richtlinie. „Je weniger Grünanlagen, umso besser.“ Die Stadt könne dann weniger Gartenarbeiten beauftragen und spare so Geld, erklärt er.
„Aber wie erklären wir das den Anwohnern am Johannesplatz“, fragt die Stadtplanungsreferentin, „wenn wir den Rasen pflastern? Oder wenn wir den Mathildenplatz mit roten und gelben Platten auslegen, passend zum Sandstein des Löwenbrunnens.“ „Und was ist mit den Bäumen auf dem Mathildenplatz?“, wendet die Stadtplanungsreferentin ein. „Die Baumschutzsatzung gilt nur für Bürger, nicht für die Stadt“, erinnert der Finanzreferent.
Die Theaterreferentin erinnert an den Georg-Büchner-Platz. „Sollten die Rasenstreifen weg?“, überlegt sie. „Und asphaltieren wir jetzt die Wiese auf dem Wilheminenplatz? Was ist mit dem ‚Platz der Deutschen Einheit‘ am Hauptbahnhof?“ Wegen der Begrünung wurde der Hauptbahnhof 2010 von „Pro Bahn“ als „grünster Hauptbahnhof Deutschlands“ ausgezeichnet.
„Leute, das ist doch alles kein Problem“, erklärt der Kommunikationsreferent, „das alles war noch unter SPD-Oberbürgermeistern entstanden. Was in den 60 Jahren vor 2011 beschlossen wurde, war doch alles Murks.“ Alle erinnern sich und nicken erleichtert.
„Aber der Paulusplatz?“, fällt der Grünanlagenreferentin ein. „Da hatte unser OB 2012 persönlich und vor Ort zugesagt, dass es einen zweiten Bauabschnitt gibt, in dem die Grünanlage saniert wird.“
Stille.
„Vielleicht räumen wir es nächstes Mal einfach ein, wenn wir was nicht hinbekommen haben“, schlägt die Stadtplanungsreferentin vor. „Nein, Fehler zugeben wäre zu viel neuer Politikstil“, sagen alle im Chor. „Damit würden wir zudem unsere Anhänger im Regen stehen lassen.“ Die Sitzung endet. Und alle hoffen, dass Gras über den OB-Satz gewachsen ist, wenn man die nächste fertige Maßnahme begründen muss.
Wichtiger Hinweis, weil das heutzutage notwendig ist: Das ist eine Glosse, die Dialoge, der Sitzungssaal 1112c, die Personen und die Amtsbezeichungen sind von mir frei erfunden. Das Darmstädter Rathaus am Luisenplatz hat auch keinen 11. Stock. Der Text steht in der Blogkategorie „Spaß & Ironie“.