Heinertown hört Ende November auf

Die Darmstädter Online-Zeitung „Heinertown“ hört auf, wie der Verlag in einer E-Mail an die Abonnenten mitteilt. Mit dem Tod des Herausgebers Uwe Lorenz am 13. September 2014 habe man „ihren Kopf, Motor und Netzwerker verloren“.

Leider sei es nicht gelungen, ein schlagkräftiges Führungsteam zu finden, erklärt der Verlag, sodass die Online-Zeitung zum 30. November eingestellt wird.

„Heinertown“ war im Frühjahr 2010 gestartet. Ungewöhnlich für eine Online-Zeitung war, dass es sie nur im Abo gab. Allerdings war die Berichterstattung schnell umstritten; Lokalpolitiker sagten mir, sie fänden, dass die Geschichten gerne einen „Dreh“ bekämen. Auch ich hatte das oft Gefühl, dass bei „Heinertown“ der Trend einer Geschichte vorher festgelegt worden war, was dann zu einem … äh, einzigartigen … Stil für eine Lokalzeitung führte. Beispielsweise sorgte man sich bei der Stadt und den Fans des SV98, dass das Stadion rechtzeitig zum Zweitligastart in diesem Jahr wieder bespielbar ist. Aus dieser Mitteilung wurde ein Artikel, den man so verstehen kann, dass der Geschäftsführer der Sportstättenverwaltungsgesellschaft versage.

Ich hatte mich als freier Journalist dort auch mal gemeldet und wurde drei Monate später angerufen. Nachdem mir der Herausgeber die Randbedingungen genannt hatte, hatte ich nach kurzer Nachfrage aufgelegt – ich hatte noch nicht mal nach Honoraren gefragt. (Nachtrag: Und ich muss dazusagen, dass ich es ziemlich dreist fand, nach drei Monaten zu reagieren. Ein Bewerber, der sich nach drei Monaten bei einer Firma meldet, wäre damals ausgelacht worden.)

Und im Spätsommer 2011 mahnte „Heinertown“ einen Darmstädter Blogger ab, der den Stil der Webzeitung kritisiert hatte, was ich dann hier im Blog verfolgte.

Ich fand es erstaunlich, wie „Heinertown“, das gegen alle möglichen Einrichtungen und Parteien austeilte, im September 2011 sehr unsouverän im Einstecken war. Es passte meiner Meinung nach halt nicht zusammen, sich auf Presse- und Meinungsfreiheit zu berufen und dann selber andere deswegen juristisch anzugehen. Eine politische Gruppierung sprach infolge der Geschichte auch nicht mehr mit der Online-Zeitung.

Wo ich „Heinertown“ aber wirklich vorne sah, war bei seinen Artikeln über das Klinikum Darmstadt und den Aktionen des damaligen Chefs. Auch so einige Artikel über die HSE und ihre damaligen Vorstände waren gut. Aber – so mein Eindruck – mit der Geschichte um einen Posten für den Darmstädter CDU-Vorsitzenden im Klinkum ein Jahr nach der Abmahnungsgeschichte, im September 2012, war die Luft aus meiner Sicht irgendwie raus. Zum Schluss – und das auch schon vor dem plötzlichen Tod des Herausgebers – fehlte es meiner Meinung nach schon an Mitarbeitern; viele Meldungen waren redigierte Pressemitteilungen.

Zusammenfassung: Heinertown mahnt Darmstädter Blogger ab – letztes Update: 14.9.

Abmahnung gegen einen Darmstädter Blogger. Das gab es schon länger nicht – oder es ist gar das erste Mal. Die Darmstädter Online-Zeitung Heinertown.de (die Darmstädter werden auch Heiner genannt) fand vergangene Woche einen Eintrag des Blogger Jörg Helene (renegadenation.wordpress.com) als Beleidigung sowie ehrenrührig und hat den Kommentar zu ihrer Arbeitsweise am 1. September abgemahnt.

Helene hatte eine von Heinertown ausgemachte „Hass-Kampagne“ der Darmstädter Oppositionsparteien gegen die neue grün-schwarze Stadtregierung, als „Kampagne, die jeden Mucks, den die Opposition von sich gibt, mit Angriffen im Stürmer-Stil auf die Führungspersönlichkeiten der oppositionellen Fraktionen beantwortet“, kritisiert.Auch einen Boykottaufruf sah der Anwalt. Denn der Blogger hatte geschrieben: „Ich würde mir wünschen, dass die Großkopferten der Stadt geschlossen aufhören würden, mit Heinertown zu sprechen.“

Helene nahm den Blogeintrag vom 30. August aus seinem Blog, weil er keine Lust hatte vor Gericht zu ziehen, wunderte sich aber. „Für eine Zeitung, die einen solchen Duktus pflegt wie Heinertown und zudem es schon als Angriff auf Presse- und Meinungsfreiheit ansah, als sie von der Stadt keine Auskunft bekamen, ist das reichlich unsouverän.“ Helene sieht seinen Kommentar als Meinungsäußerung.

Die Meldung über die Abmahnung machte die Runde, ganz geräuschlos lief die Abmahnung nicht ab, für Darmstädter Verhältnisse sind die Zugriffszahlen auf Jörg Helenes Blog jedenfalls enorm. Und der Kommentar fand mehr Beachtung als zuvor, der klassische Streisand-Effekt fand statt.

Wegen der Unterlassungserklärung verhandelte Helene dann mit dem Heinertown-Anwalt, letzter Stand war, dass er die Anwaltskosten nicht übernimmt, dafür aber alles über Heinertown aus seinem Blog entfernt. Nach eigenen Bekunden hat er die Vereinbarung nicht unterschrieben, die Einträge über Heinertown aber entfernt. Er werde sich auch nicht mehr öffentlich dazu äußern, versicherte er.

Am 8. September verkündete Jörg Helene dann sein Blog zu schließen und im Laufe der Zeit zu löschen. „Es ist mir einfach zu mühselig ständig bedenken zu müssen, ob nicht irgendein Wort, das man in einem Beitrag schreibt, irgendwer glaubt, als Beleidigung oder Lüge wahrnehmen zu müssen und mich dann zu Handlungen zwingt (wie z.B. einem Rechtstreit), die ich nicht tun will.“

Noch am gleichen Tag entschloss sich die Darmstädter alternative Wählergruppe „Uffbasse“ den abgemahnten Blogeintrag auf ihrer Website (www.uffbasse-darmstadt.de) erneut zu veröffentlichen und um gegen dei Abmahnung zu protestieren. „Nach der Lektüre kann jeder selbst entscheiden, ob der Text die ganze Aufregung wert ist und warum Heinertown solche Geschütze auffährt um wirklich kritische Menschen mundtot zu machen“, schrieb die Stadtverordnete Kerstin Lau. „Wir brauchen in Darmstadt dringend eine Alternative Presse zum Darmstädter Echo – aber so was brauchen wir nicht!“

Am 9. September regierte nun auch Heinertown in einer Antwort auf einen Leserbrief. Man habe abgemahnt, weil „Herr Hélene den Verlags-Kollegen jüdischer Herkunft de facto unterstellt hat, sie würden bei einer tendenziell faschistoiden beziehungsweise faschistischen Berichterstattung mitwirken“, erklärte Chefredakteurin Angela Barani. Auch blieb sie dabei, dass der Blogger zum Boykott aufgerufen habe. Und: „Bei Lichte betrachtet hat Herr Hélene (…) einen alten braunen Satz mit einem rötlichen Anstrich versehen: ‚Kauft nicht bei Juden.‘

Nachträge:
11.9., 8 Uhr: Die Darmstädter FDP lobt Uffbasse für das wiederveröffentlichen des Kommentars und findete, dass wegen der Ereignisse in der nächsten Stadtverordnetenversammlung (29.9.) eine Aktuelle Stunde stattfinden sollte.

12.9.: Die Linkspartei Darmstadt kritisiert sie Abmahnung.

„Heinertown ist mit dem Anspruch angetreten, dem Darmstädter Medienmonopol eine alternative Stimme zur Seite zu stellen. Stattdessen ist nun eine andere Stimme bis auf weiteres zum verstummen gebracht …“

Und hat ebenfalls den abgemahnten Kommentar auf ihre Website veröffentlicht.

13.9.: Die Darmstädter „SPD-Fraktion erklärt sich mit Darmstädter Blogger solidarisch. Die rechtliche Auseinandersetzung zwischen der online-Zeitung heinertown und dem Darmstädter Blogger Jörg Heléne, stößt bei der SPD-Fraktion auf völliges Unverständnis und Entsetzen.“

14.9.: Die Darmstädter Piratenpartei hat den abgemahnten Kommenatar ebenfalls auf ihrer Site veröffentlicht und hatte dies wohl schon recht bald nach dem 1. September angeboten.
Werden dann “kleine” Autoren mit langwierigen und kostspieligen Verfahren bedroht, so geben sie in der Regel klein bei, da sie dafür weder ihre Nerven noch ihr Geld auf’s Spiel setzen wollen. Dabei würden solche Verfahren oft erkennbar mit der Niederlage des “großen” Prozessgegners enden, würde man sie bis zum Ende durchstehen. Diese Kultur schadet einer ausgewogenen, freiheitlichen und vielfältigen Meinungsäußerung in diesem Lande, denn so setzt sich das “Recht des Stärkeren” auf Dauer durch.

Heinertown läd Jörg Dillmann zum Streitgespräch, das Uffbasse aber ablehnt:

Vor allem aber geht es nicht um Jörg Dillmann, sondern um Jörg Helene. (…) es geht darum, dass durch eine Unterlassungsklage versucht wurde, einen Blogger, der seine Meinung geäußert hat, mundtot zu machen. Als das nicht funktioniert hat, hat Heinertown den schmerzhaftesten und demütigensten Vorwurf erhoben, der einen gebildeten, klugen und offenen Menschen wie Jörg Helene treffen kann: der Vorwurf des Antisemitismus und der Ausländerfeindlichkeit. Deshalb gibt es nur einen Menschen, den ihr einladen und aus tiefstem Herzen demütig um Entschuldigung bitten solltet, und das ist Jörg Helene.

Dokumentation:
Jörg Helenes Blogeintrag vom 30. August (dokumentiert bei Uffbasse)
Chefredakteurin Angela Baranys Erklärung vom 9. September (auch dokumentiert bei Uffbasse)

Wie Blogs aus dem Internet verschwinden

Wie leicht man doch einen Kritiker loswerden kann, lerne wir jetzt gerade. Und die meisten Leute denken, wenn sie was in der Zeitung oder im Internet lesen, was sie nicht für richtig halten, an eine Gegendarstellung. Pfft. Pillepalle. Die Abmahnung trifft viel tiefer. Wie die Geschichte Heinertown./.Jörg zeigt:

Und schluss… – … Ansonsten sehe ich mich ab sofort nicht mehr in der Lage weiterhin zu bloggen. Hiermit ist schluss. Wenn man etwas in seiner Freizeit betreibt, kann es kompliziert werden, wenn man Menschen, die dasselbe professionell betreiben, ein Dorn im Auge ist …

Wie sich jetzt auch heraustellt, hatte Jörg die Vereinbarung mit Heinertown doch nicht unterschrieben, aber dennoch alles gemacht, wie vorgeschlagen.

So sehr ich es auch versucht habe, ich konnte meine Unterschrift nicht unter einen Vertrag setzen, mit dem ich eines meiner elementarsten Grundrechte beschneide. Jeder Muskel in meinem Körper hat sich dagegen gewehrt.

Was soll man sagen? Ein Blog zumachen ist nie schön, man hat doch viel Zeit reingesteckt, und was aufgebaut.

Jörgs Motivation kann ich verstehen, dass es so einfach wie oben beschrieben ist, ist mir seit Jahren klar. Eigentlich müsste man alleine deswegen zumachen und den Spruch bestätigen, denn ich neulich ausgegraben hatte: „Pressefreiheit ist die Freiheit von 200 reichen Leuten, ihre Meinung zu verbreiten.“ Nur will man das? Will man sich auf Katzenfotos beschränken? Selbst da könnte einer kommen.

Ich hätte da ja eine Schlagzeile für eine unabhängige Großstadt-Tageszeitung: Wie man freche Typen im Internet in ihre Schranken weisen kann … lesen Sie im Innenteil.

Presse-Freiheit: Verleger und Anwalt gegen Blogger

Darmstadt 06.09.2011 – Es ist eine Auseinandersetzung, die in diesen Tagen in die mit Mails von Schreibtisch zu Schreibtisch zwischen Woogsviertel und Bessungen und Bochum ausgetragen wird. Es geht um die Frage, in welchem Umfang und mit welchen Inhalten ein unabhängiger deutscher Großstadt-Blogger seine Meinung schreiben darf. Etwa über den Herausgeber. Oder über seine Online-Zeitung Heinertown. Eine Betrachtung.

Wem der Duktus bekannt vorkommt, der hat recht

Mit dem Link zu obigen Artikelanreißer und dem zur Abmahnung eines Darmstadt-Blogs weil es auch mal die deutliche Aussprache pflegt – und für das auch Artikel 5 GG (Meinungs- und Pfessefreiheit) gilt – ist alles gesagt.

Inzwischen ist die Geschichte noch weiter rum, unter anderem bei Uffbasse

Mit großem Interesse verfolgen wir den Konflikt zwischen der Billig-Bild Abendpost Gazette Heinitown und dem Blogger Jörg H.

und bei Tribur.de

Jörg hat die unsachliche Berichterstattung des Bezahlmagazins Heinertown, (…), kritisiert und dabei darauf hingewiesen, dass Heinertown die Hoffnung,die er ihm als Gegenpol zum Echo bei ihrem Start zugestand bei weitem nicht erfüllt.

Oder ist das ganze ein Marketing-Maneuver, denn nicht nur bei Jörg werden die Klickzahlen hochgegangen sein? Nur so eine haltlose Vermutung.

Nebenbei fragt sich vielleicht einer, warum ich als freier Journalist nicht bei der Online-Zeitung engeheuert habe? Nein, es gab keinen Interessenkonflikt, weil ich vieles fürs ECHO mache …

Heinertown.de mahnt Darmstädter Blogger ab

Bloggerkollege Jörg vom „darmstadt – geschichte, politik, kultur“-Blog hatte einen kritischen Kommentar über die Online-Zeitung Heinertown.de geschrieben und berichtet nun, deswegen vom Herausgeber eine E-Mail bekommen zu haben, in der dieser mit Einschaltung eines Anwalts droht. Update: Nun ist auch Anwaltspost mit der Abmahnung da.

Damit ist das kleine Blog doch glatt eine Liga aufgestiegen. Jörg hat aber schon angekündigt den Artikel offline zu nehmen.

Und ich hätte gedacht, dass sich zuallererst Uffbasse beschwert. Wegen der Überschrift: „Uffbasse, Heinertown: …“.

Musiktipp: Duck Sauce – Barbra Streisand

Eine aktualisierte Zusammenfasung steht hier.

Nachtrag, 9.1.12: Ich finde es allerdings erstaunlich, welche konstante Leistung Heinertown im Austeilen gegen alle möglichen Einrichtungen zeigt, aber wie schlecht es damals im September im Einstecken war. Ich empfehle die Briefe der Chefredakteurin (Startseite oben rechts) zu lesen.

Mittwoch …

… will die Online-Tageszeitung „Heinertown.de“ starten. Mal sehen, denn die Ankündigung weckt bei mir (und bestimmt auch bei ein paar Medienschaffenden in Darmstadt und Deutschland) mittlere bis große Erwartungen:

Mehr als sechs Monate lang waren Redakteure und IT-Experten, Grafiker und Marketing-Fachleute damit beschäftigt, den Start der neuen Online-Tageszeitungs-Community für Darmstadt vorzubereiten – jetzt geht es am Mittwoch dieser Woche endlich auch offiziell los. Mit einer spannenden, mehrfach täglich aktualisierten Darnstadt-Berichterstattung, mit kostenlosen privaten Kleinanzeigen und vielen weiteren interessanten Inhalten.

Na, dass die Inhalte spannend und interessant sind, will ich doch mal schwer hoffen. Schließlich gibt es eine Mitgliedschaft ab 4,16 Euro im Monat.

Nachtrag: Heinertown hatte seinen redaktionellen Betrieb im November 2014 eingestellt. Der Herausgeber war im September 2014 gestorben. Ich hatte dazu auch ein paar Zeilen geschrieben.