Saisonstart bei den juristischen Auseinandersetzungen um Sonntagsöffnungen

Der Weiterstädter Gewerbeverein und der Bürgermeister erleben die Tage ein deja vu mit der „Allianz für einen freien Sonntag“ in der Gewerkschaften und Kirchen organisiert sind. Der Gewerbeverein hatte für die Weiterstädter Automobilausstellung (15. WAA am 21. und 22. März) einen verkaufsoffenen Sonntag beantragt, die Stadt hat Sonntagsöffnung (22.) für zwei Gewerbegebiete und die Darmstädter Straße erlaubt. In den Gewerbegebieten Weiterstadt West und Riedbahn liegen zahlreiche Geschäfte wie Segmüller oder das Einkaufszentrum „Loop 5“.

Nun legt die Sonntagsallianz Widerspruch ein, bekräftigt von den Mitgliedern Verdi und dem evangelischen Dekanat Darmstadt-Land.

Echo Online: Widerspruch gegen Sonntagsöffnung – Weiterstädter Gewerbe will zur Autoschau öffnen – Nur in der Innenstadt?

Echo Online: Auch Dekanat gegen Sonntagsöffnung – Kirche schließt sich Widerspruch gegen Weiterstädter Genehmigung an

Das hesssische Ladenöffnungsgesetz
Die Allianz hat seit einigen Jahren einen Hebel gegen die von ihr ungeliebten Sonntagsöffnunge gefunden. Laut hessischem Gesetz können Kommunen „aus Anlass von Märkten, Messen, örtlichen Festen oder ähnlichen Veranstaltungen“ viermal im Jahr an Sonn- und Feiertagen die „Öffnung von Verkaufsstellen“ erlauben. Und die Verwaltungsgerichte sind da nicht großzügig, denn sie wollen, dass die Märkte, Messe und Feste eigenständig sind und der verkaufsoffene Sonntag sie ergänzt – und nicht umgekehrt.

Das Verwaltungsgericht Darmstadt hatte deswegen 2013 einen Darmstädter Ostermarkt nicht als Öffnungsgrund gesehen:

VG Darmstadt: Ladenöffnung aus Anlass des „Darmstädter Ostermarktes“ war rechtswidrig – Im Rahmen des nun zur Entscheidung stehenden Hauptsacheverfahrens ist die Kammer zu der Überzeugung gelangt, dass die Voraussetzungen nach § 6 Abs. 1 HLöG, wonach „aus Anlass von Märkten (…)“ an bis zu vier Sonn- und Feiertagen eine Ladenöffnung gestattet werden kann, im Falle des „Darmstädter Ostermarktes“ nicht gegeben seien. Das Tatbestandsmerkmal „aus Anlass von Märkten“ müsse so verstanden werden, dass ein solcher Markt ein solches Eigengewicht haben müsse, dass er bereits allein geeignet sei, einen beträchtlichen Besucherstrom auszulösen.

Aber die Weiterstädter Sonntagsöffnung zur WAA 2014 hatte vor den Verwaltungsgerichten gehalten. Es sind eben Einzelfälle, und wir werden abwarten müssen.

Nachgefragt beim zuständigen Ministerium
Da am Ende immer Gerichte entscheiden und das oft erst kurz vor den betreffenden Sonntagen (was ja auch die Planung der Geschäfte und der Angestellten erschwert) hatte ich beim hessischen Sozialministerium angefragt:
Seit einigen Jahren gibt es regelmäßig ein juristisches Tauziehen um Sonntagsöffnungen in Weiterstadt – mit Eilentscheidungen der Verwaltungsgerichte und durch alle Instanzen. Plant die Landesregierung geänderte Regelungen für verkaufsoffene Sonntage, die eindeutiger sein könnten?

Und das Ministerium antwortete (naja, es schrieb mir irgend etwas – eine Antwort auf die Frage war es nämlich nicht):

Nach § 6 des Hessischen Ladenöffnungsgesetzes (HLöG) sind die hessischen Gemeinden dazu berechtigt, aus Anlass von Märkten, Messen, örtlichen Festen oder ähnlichen Veranstaltungen jährlich bis zu vier Sonn- oder Feiertage für den Verkauf freizugeben. Der Zeitraum, darf sechs zusammenhängende Stunden nicht überschreiten, muss spätestens um 20 Uhr enden und soll außerhalb der Zeit des Hauptgottesdienstes liegen. Die Adventssonntage, der 1. und 2. Weihnachtstag, Karfreitag, die Osterfeiertage, die Pfingstfeiertage, Fronleichnam, der zweitletzte Sonntag nach Trinitatis (Volkstrauertag) und der letzte Sonntag nach Trinitatis (Totensonntag) dürfen nicht freigegeben werden.
Die Kommunen können bis zu 4 Sonntage freigeben.

In Hessen gab es keine landesweiten verkaufsoffenen Sonntage.

Im Einzelfall kann eine Ausnahmegenehmigung im „öffentlichen Interesse“ nach § 7 HLöG durch das Hessische Ministerium für Soziales und Integration erteilt werden. Öffentliches Interesse kann vorliegen, wenn das Versorgungs- und Verwertungsinteresse in der Bevölkerung nur durch Sonderverkaufsmöglichkeiten abge¬deckt werden kann, (z.B. Not- und Katastrophenfälle oder Großveranstaltungen).

Die Gemeinden dürfen nur anlassbezogen vier verkaufsoffene Sonntage im Jahr freigeben. Als Anlass muss eine konkrete Veranstaltung als Markt, Messe, örtliches Fest oder ähnliche Veranstaltung vorliegen, der unabhängig von der Ladenöffnung Besucherströme anzieht.

Ich hatte nochmal nachgefragt, weil das zitierte ja nur die Rechtslage ist, aber keine Antwort auf meine Frage. Es kam keine Antwort mehr. (Und dabei wurden die Fragen per E-Mail gestellt, also ohne die Gefahr, sich am Telefon zu verplappern.)

Was ist so schwer daran einfach zu sagen, dass man zur Zeit nichts plane? Warum glaubt man mit einer geschwurbelten „Antwort“ kommen zu müssen? Wer beklagt die Politikverdrossenheit nochmal? Klar, wenn auch Bürger so abgespeist werden, wundert mich das nicht. Oder habe ich so geschickt gefragt, dass es keine Antwort gibt?

Nachtrag: Ich hatte beim nächsten Zank um eine Sonntagsöffnung nochmal gefragt, aber diesmal die Landtagsfraktionen: Streit um Sonntagsöffnungen – Kostenlose Kommunikationsberatung.