Wicki Weißwas: Kaiser Wilhelm II. und Audrey Hepburn

Kaiser Wilhelm II. (1859-1941) dankte im November 1918 ab und floh vom Heereshauptquartier im belgischen Spa gleich in die neutralen Niederlande ins Exil. 1919 erwarb er ein Landhaus mit Park, das Haus Doorn. Er kaufte es einer Wilhelmina Cornelia van Heemstra ab, einer Tante der Schauspielerin Audrey Hepburn (1929-1993).

Bis Wilhelm II. in seinem neuen Heim Hof (oder das was davon übrig war) halten konnte, dauerte es bis zum 15. Mai 1920. Haus Doorn wurde teilweise umgebaut und saniert.

11. Juli 1914 – Deutsche werden ungeduldig, Mord-Ermittler treffen sich

Deutschland will den Konflikt lokal zwischen Serbien und Österreich-Ungarn halten, was aus seiner Sicht aber nur geht, wenn die k.u.k-Monarchie schnell handelt. Am 11. Juli ärgert sich der deutsche Kanzler Theobald von Bethmann-Hollweg, wie sein Sekretär und Berater Kurt Riezler notierte:

Anscheinend brauchen [die Österreicher] furchtbar lange, um zu mobilisieren, sagt Hötzendorf. Das ist sehr gefährlich. Ein schnelles fait accompli und dann freundlich gegen die Entente – dann kann der Choc [sic!] ausgehalten werden.

Die österreich-ungarischen Ermittler, Sektionsrat Friedrich Ritter von Wiesner, ein ehemaliger Richter, und Gerichtssekretär Leo Pfeffer treffen sich in Sarajevo. Pfeffer hatte die Attentäter vom 28. Juni verhört.

nachrichten.at: Pfeffer & Wiesner: Die Ermittler von Sarajevo Der Lehrer Danilo Ilic hat ausgepackt – und vage Anhaltspunkte für eine Beteiligung Belgrads geliefert. (…) Dem eigentlichen Drahtzieher des Attentats, dem serbischen Geheimdienstchef Dragutin Dimitrijevic – in Serbien unter dem Namen Apis bekannt und gefürchtet – kommen weder Pfeffer noch Wiesner auf die Spur.

Und das mit Ilic war eher Zufall, denn er war nach dem Attentat einfach so festgenommen worden, er war keiner der Gruppe, die mit Mordplänen angereist war

Süddeutsche.de: Ermittler im heikelsten Mordfall des jungen Jahrhunderts Als Ilić dem Richter gegenübersaß, wurde er nervös – und packte aus. In diesem Moment wurde Pfeffer bewusst, dass in den Mord auch Personen in Belgrad verwickelt waren. „Hätte Ilić kühlen Kopf bewahrt und beim Verhör irgendeine Geschichte aufgetischt, er wäre vermutlich binnen weniger Tage wieder entlassen worden“, schreibt Remak. Doch Ilić habe Angst gehabt und geredet.

In Berlin lehnt es Außenstaatssekretär Gottlieb von Jagow ab, Österreich-Ungarn zu erklären, was es von Serbien fordern soll:

Die deutschen Dokumente zum Kriegsausbruch 1914: Zur Formulierung der Forderungen an Serbien können wir keine Stellung nehmen, da dies Österreichs Sache ist. Uns es nur erwünscht, daß Wien genügend Material sammelt, um zu beweisen, daß in Serbien eine großserbische Agitation besteht, welche Monarchie gefährdet, damit öffentliche Meinung Europas soweit als möglich vom guten Recht Österreichs überzeugt wird. Dies Material wäre am besten — nicht getrennt, sondern einheitlich — kurz vor Stellung der Forderungen bzw. des Ultimatums an Serbien zu publizieren.

Parallel dazu suchen Deutsche und Österreicher Verbündete.

Die deutschen Dokumente zum Kriegsausbruch 1914: Der Staatssekretär des Auswärtigen an den Botschafter in Rom Wir haben es der österreichisch-ungarischen Regierung überlassen, die ihr geeignet scheinenden Schritte zu tun und ihr erforderlichenfalls unsern Beistand im Sinne des Bündnisses zugesagt. Wir haben uns ferner damit einverstanden erklärt, daß Österreich-Ungarn in Verhandlungen mit Bulgarien wegen dessen Beitritt zu unserer Bündniskombination tritt.

König von Rumänien, durch uns über diese Absicht informiert, hat sich reserviert, aber nicht ablehnend verhalten.

Österreich-Ungarn Ultimatumpläne sickern durch, wie Christopher Clark schildert. Gottlieb von Jagow informiert am 11. Juli den deutschen Botschafter in Rom über Österreichs Pläne. Der deutsche Botschafter in Rom, Hans von Flotow, erzählt das aber dem italienischen Außenminister San Giuliano, der das seinem Ministerium und das reicht die Information an die Botschaften in St. Petersburg, Bukarest und Wien weiter.

Der 11. Juli ist ein Tag, der auch ziemlich direkt mit mit Dragutin_„Apis“ Dimitrijević zu tun hat. Denn der Tag ist der Geburtstags des serbischen Königs Peter (Karađorđević). Der aber nur im Amt ist, weil Apis 1903 eine Verschwörung (Schwarze Hand) anführte, in der König Alexander (Obrenović) ermordet wurde.

Über das Hin und Her beim serbischen Fürstenamt berichtet sehr schön das Blog ersterweltkriegheute.de: (Un-)Happy Birthday, Peter I.

Kaiser Wilhelm II., auf Urlaub an der norwegischen Küste, überlegt mit Blick auf die Krise, ob er dem König zum Geburtstags gratulieren soll.

SpOn: Urlaub vorm Weltenbrand Ungeduldig verfolgte Wilhelm II. das Vorgehen der Donaumonarchie gegenüber Serbien. Gleichzeitig bemühte sich der Kaiser, Belgrad gegenüber den Schein zu wahren: Am 11. Juli zerbrach er sich tatsächlich den Kopf darüber, ob es sich zieme, angesichts der Krise das alljährliche Geburtstagstelegramm an den serbischen König Peter I. abzuschicken.

Die Vorhersage Wilhelms II.

Christopher Clark über Wilhelm II. in einem Interview mit dem Schweizer Tagesanzeiger:

Wilhelm II. hatte eine scharfe Intelligenz. Wenn er über die Weltläufe abstrakt räsonierte, konnte er zu sehr klugen Einsichten kommen. (…) Im November 1916 bemerkte er bei einem Besuch in Wien, er verstehe nicht, warum sich so viele Nörgler und Pessimisten über den Verlauf des Krieges äußerten. Die Deutschen müssten doch nur warten: In Russland werde eine ­Revolution kommen, die Briten hätten kein Geld mehr und in Frankreich sei die Moral unglaublich niedrig. Das war keine unkluge Diagnose, nur hörte niemand auf ihn. (… Aber) In der Tat waren selbst seine gesündesten Einsichten eingebettet in einen Schwall zügelloser Äußerungen, stilistischer Entgleisungen und peinlicher Bekenntnisse.

Im Vorfeld des Krieges gab es auch einen Satz Ansagen, die sich als richtig herausstellten: Die Vorhersagen des Admirals, des Eisenbahnbarons und des Altkanzlers

27. Januar 1914 – Der Cousin des Darmstädter Großherzogs hat Geburtstag

Der 27. Januar ist/war Kaiser Wilhelms Geburtstag. Am 27. Januar 1859 kam Wilhelm von Hohenzollern auf die Welt, 1888 besteigt er als Wilhelm II. den Thron.

Wilhelm war ein Enkel der „Großmutter Europas“, der englischen Königin Victoria (Wilhelms Mutter war Victoria von Großbritannien und Irland) und da kommt endlich mal wieder ein Darmstadtbezug, denn der Darmstädter Großherzog Ernst Ludwig war auch ein Enkel Victorias, seine Mutter war Victorias Schwester Alice von Großbritannien und Irland. Alice? Genau, nach dieser Alice ist das Alice-Hospital in der Dieburger Straße benannt. Wegen dieser Beziehung war Queen Victoria auch ab und an im Großherzogtum Hessen und hat ihren Namen in Glasscheiben der Schlösser in Braunshardt und Kranichstein geritzt.

Damit waren Wilhelm und Ernst Ludwig jedenfalls Cousins. Der englische König Eduard VII. war als Queen Victorias Sohn ein Onkel der beiden und der ihm 1910 nachfolgende englische König George V. war somit auch wieder ein Cousin.

Ernst Ludwigs Schwester Alix (logischerweise auch eine kaiserlich-königliche Cousine) heiratete den künftigen russischen Zaren Nikolaus II. Russisch? Genau, deswegen steht auf der Mathildenhöhe die russische Kapelle, sie war eine Hauskapelle für den Zaren. Auf mich wirkt sie immer ein wenig wie ein Raumschiff, das im Jugendstilensemble notgelandet ist. Aber tatsächlich ist es andersherum, die Kapelle war zuerst da. Baumeister war übrigens ein Großvater des Schauspielers Peter Ustinov.

Alix nennt sich als Zarin Alexandra. Sie ist die, die den Mönch Rasputin als Heiler ihres bluterkranken Sohnes sieht, sie ist auch die Mutter der später legendär gewordenen Zarentochter Anastasia, die die Erschießung in der Folge der Russischen Revolution überlebt haben soll.

Jedenfalls zählt wegen dieser Heirat der russische Zar auch zu den wilheminischen Cousins. Genützt hat es aber schließlich nichts, wie man im Juli und August 1914 sehen wird, auch wenn sich die beiden „Willy“ und „Nicky“ nannten.

Ach ja, Georges und Nikolaus‘ Mütter waren Schwestern (Alexandra und Dagmar von Dänemark, ihr Vater Christian war der „Schwiegervater Europas“), der britische und der russische Monarch sind also auch Cousins. Man vermutet, dass sich deswegen George und Nikolaus recht ähnlich sahen.

Über Wilhelm II. und sein Amtsverständnis und Auftreten lasse ich mich hier nicht aus, da ich es nicht schaffen werde, Werke wie die Biografie John Röhls oder die Christopher Clarks zusammenzufassen (Spiegel TV: Der letzte Deutsche Kaiser). Zumal die Biografen sich nicht einig sind: Röhl, Clark, Straub – drei kontroverse neue Bücher über Wilhelm II.

Seit 1996 ist der 27. Januar übrigens „Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus„, weil die Rote Armee am 27. Januar 1945 das KZ Auschwitz befreite.