Die Darmstädter Grünen-Stadtverordnete Sabine Crook ist keine Grüne mehr. In einem Offenen Brief hat sich ihren Austritt aus der Fraktion und der Grünen Partei bekannt gegeben.
FR: Sabine Crook verlässt überraschend die Grünen
Sabine Crook war eine der Initiatoren der Bürgerinititive ONO (Darmstadt ohne Nordostumgehung). Die „Ono“ war – aus meiner Sicht – der Impuls, der die Darmstädter Grünen dazu brachte, von ihrer Zustimmung zur Nordostumgehung (im Koalitionsvertrag 2006 mit SPD und FDP) 2009 offen abzurücken. Ich vermute ja, weil die Grünen damals – neben dem wieder erwachten grünen Gewissen – eine weitere umweltpolitische Fraktion im Stadtparlament neben sich befürchteten, die ihnen Sitze wegnimmt.
Aber zurück zum Offenen Brief, und wenn ich den so lese, kommt bei mir (als früherem SPD-Mitglied) ein „dasselbe in grün“-Gefühl auf.
Was nun den Ausschlag für meinen heutigen Schritt gab, waren schon seit einiger Zeit permanente Versuche, mich zu biegen, mir Vorschriften zu machen, mit wem ich befreundet zu sein habe, mit wem ich reden darf und mit wem auf keinen Fall, welche Meinung ich nach aussen zu vertreten habe und welche Rolle ich innen einnehmen soll. Der Asylkompromiss, der meinem Denken diametral entgegen läuft, war nun ein weiterer Tropfen.
Klingt für mich ganz so, als wären die Grünen eine ganz normale etablierte Partei geworden. Nee, ernsthaft, sowas kannte ich von der Darmstädter SPD. Damals.
Entscheidungen kommen intransparent und zudem ausgrenzend zustande: Bist du nicht für uns – so bist du gegen uns!
Ja, sowas habe ich einmal auch erlebt. Ein frecher Kommenar von mir auf Facebook, ich wurde ermahnt „neutral“ zu sein, ich patze zurück und Zack! hatte mich jemand noch am gleichen Tag entfreundet. Was ich besonders seltsam fand, denn dieser Jemand und ich sind beide Politikprofis, d.h., wir verdienen mit Lokalpolitik unser Geld, ich jedenfalls als Journalist. Und da gehe ich doch mal von aus, dass ich mit vielen nicht befreundet bin, weil ich der Marc Wickel bin, sondern weil ich „mawi“ (das ist mein Kürzel) bin.
(Nachtrag: Es soll keine politischen sondern rein persönliche Gründe gehabt haben, wurde mir mitgeteilt. Die zeitliche Abfolge war jedenfalls so, weswegen ich das nicht glaube.)
Es scheint mir, als werden Andersdenkende von der Parteiführung nicht als Ressource, sondern als Bedrohung wahrgenommen. Die innerparteiliche Diskussionskultur empfinde ich als ausgrenzend, hintenrum und verletzend.
Man müsste jetzt mal Leute der Darmstädter SPD fragen, wie sie das so zu Zeiten des OB Günther Metzer oder in der Endphase ihrer Regierungszeit (bis 2011) empfanden. Ich erinnere mich zum Beispiel an einen Ortsverein, der nach der Kommunalwahl 2006 was ändern wollte, aber sehr viel Angst hatte, dass die interparteilichen Flügelkämpfe wieder ausbrechen, wenn sein Thesenpapier öffentlich wird. Dieses Papier wurde deswegen in einer Sitzung ausgeteilt und danach wieder eingesammelt. Mit nach Hause nehmen oder über E-Mail verteilen wollte man nicht riskieren.
Tja, wo alle dasselbe denken, wird nicht viel gedacht.
Dazu kam für Sabine Crook dann noch, dass sie für die Liste zur Kommunalwahl im ersten Vorschlag auf Platz 23 gesetzt worden war. 23 Sitze haben die Grünen bei der Kommunalwahl 2011 gewonnen. Allerdings war da Sabine Crook von den Wählern auf Platz neun hochkumuliert worden. Damals die „Nemesis“ (sag‘ ich jetzt mal so) der regierenden SPD, da Sabine sich sehr aktiv gegen die Nordostumgehung und gegen das Museum Sander eingesetzt hatte (und ich meine auch für das Bessunger Bad, dass die Stadt damals schließen wollte). Und damit hatten die Grünen mit ihr auf der Liste auch von ihr profitiert. Denn die Summe der Kreuzchen bestimmt ja auch die Fraktionsstärke.
Der Offene Brief:
Hiermit gebe ich meinen Austritt aus der Darmstädter Fraktion der Grünen, sowie der Grünen Partei bekannt.Ich habe mich mehr als 5 Jahre loyal und engagiert für die Grünen Ziele in Darmstadt eingesetzt. Über viele Stöckchen bin ich gesprungen, habe einige Kröten geschluckt, aber mich dennoch weiter eingesetzt für die Grüne Sache. Dies besonders auch deswegen, weil viele Leute Vertrauen in mein Engagement gesetzt hatten, endgültig die Nordostumgehung zu beerdigen.
Was nun den Ausschlag für meinen heutigen Schritt gab, waren schon seit einiger Zeit permanente Versuche, mich zu biegen, mir Vorschriften zu machen, mit wem ich befreundet zu sein habe, mit wem ich reden darf und mit wem auf keinen Fall, welche Meinung ich nach aussen zu vertreten habe und welche Rolle ich innen einnehmen soll. Der Asylkompromiss, der meinem Denken diametral entgegen läuft, war nun ein weiterer Tropfen
Mich 3 Tage vor der KMV telefonisch vor vollendete Tatsachen zu stellen und mich von meinem durch Kumulation erzielten Listenplatz 9 in der gegenwärtigen Stavo auf Platz 23 auf der neuen Liste zu setzen, ist für mich das Zeichen, nicht mehr willkommen zu sein.
Es scheint mir, als werden Andersdenkende von der Parteiführung nicht als Ressource, sondern als Bedrohung wahrgenommen. Die innerparteiliche Diskussionskultur empfinde ich als ausgrenzend, hintenrum und verletzend.
Entscheidungen kommen intransparent und zudem ausgrenzend zustande: Bist du nicht für uns – so bist du gegen uns! Loyalität wird mit Angepasstheit verwechselt; Basisdemokratie sieht nach meinem Verständnis anders aus. Jugend oder Stromlinienförmigkeit sind anscheinend heute gefragt, um bei Grüns etwas zu werden.
Die Grünen sind aus meiner Sicht auf dem besten Weg domestiziert, konformistisch und austauschbar zu werden. Schön wäre: Diversität als Stärke zu sehen, – offene Diskussionen für fruchtbare Ergebnisse. Keine faulen Kompromisse schliessen.
Mein Herz schlägt urgrün, es schlägt im linken Flügel der Partei, aber es schlägt vor allem wild & frei !