Justiz und Schnelligkeit – Zwei Welten treffen aufeinander

„Es muss eine möglichst zeitnahe Reaktion erfolgen“, sagte die Jugendstaatsanwältin zu den Zuhörern und alle nickten. Gegen Schluss fragte ich nach, was denn „zeitnah“ bedeutet. Ein Bagatellverfahren sei nach drei Monaten „schnell“ ausermittelt, meinte die Staatsanwältin. „Das ist aber nicht tatnah“, stellte eine Zuhörerin fest.

Da musste die Jugendstaatsanwältin einräumen, dass Juristen-„Schnell“ nicht das ist, was die Bürger unter „schnell“ verstehen. Ein ehemaliger Staatsanwalt versuchte das noch zu relativieren, indem er auf die Personalsituation bei Polizei und Justiz hinwies. Nur: Wenn ich in einem Artikel was falsches schreibe oder die Zeitung was verpasst, interessiert auch keinen warum – was zählt, ist auf dem Platz.

Und dieses „Schnell“ ist meiner Einschätzung nach eines der Probleme bei der Jugendkriminalität. Wenn frühestens nach drei Monaten eine Reaktion auf ein Fehlverhalten (das so übel war, dass ermittelt wurde und ein Richter darüber entscheiden muss) kommt, ist das einfach zu spät. Drei Monate (oder mehr) Zeit sich cool zu fühlen. Drei Monate, nach denen man die Hälfte von dem was passiert ist, vergessen hat. Drei Monate, in denen man glaubt dem zahnlosen Staat ausgetrickst zu haben. Drei Monate, in denen manche glauben wieder Scheiße bauen zu können, weil sie der Rechtsstaat vermeintlich nicht bremst.

Das fiel mir jedenfalls ein, als ich von der Vorgeschichte las, die die beiden Typen hatten, die nachmittags am 12. September wahrscheinlich einen Mann zu Tode getreten haben.

Süddeutsche Zeitung, 14.9.2009 – Urlaub in Stadelheim Ostbau

Hip-Hop, Drogen, Knast und die geliebten Eltern: Wer sind die mutmaßlichen Täter, die den 50-jährigen Geschäftsmann in München zu Tode geprügelt haben? Eine erste Annäherung.

Die Passauer Neue Presse formuliert da weniger zurückhaltend:

Sie leben in den Tag hinein, lassen sich treiben, lungern in der Stadt herum – und sind chronisch pleite. Die Totschläger Markus S. (18) und sein Spezl Sebastian L. (17) haben in ihrem kurzen Leben noch nichts zustande gebracht. Berufslos, arbeitslos.

Ach ja, Reuters: Zypries nach S-Bahn-Angriff gegen härtere Strafen. Hm, mein Problem geht ja nicht Richtung Sühne, wie lange man bestimmte Täter aus Rache wegsperren will, sondern wie lange man sie wegsperren muss, damit sie keine Gefahr mehr für andere sind?