„Wenn wir wenige Kinder haben, sollten das kluge Kinder sein.“ – Rürup, Bofinger, Dörre und Giegold

Vier Fernseh-Talkshow gestählte Diskutanten trafen sich Freitag zur Podiumsdiskussion im Elektrotechnik-Hörsaal der Technischen Universität zum Streitgespräch über Alterung und Globalisierung. Eingeladen hatten der Darmstädter DGB und Attac-Darmstadt die Volkswirtschaftsprofessoren Bert Rürup von der TU Darmstadt, Peter Bofinger von der Universität Würzburg, den Soziologieprofessor Klaus Dörre von der Universität Jena sowie Sven Giegold, Sprecher von Attac Deutschland. Bofinger und Rürup sind Mitglieder des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, zwei von fünf der so genannten „Wirtschaftsweisen“.
Die Globalisierung sei nicht das Problem für die deutsche Sozialversicherungssystem sagte Bert Rürup zu den rund 250 Zuhörern. Die Schweiz und die Niederlande hätten ähnliche Strukturen, aber stabile Alterssicherungssysteme, erklärte der Volkswirtschaftler. Aber dort sei die Sozialsystem-Finanzierung von den Löhnen abgekoppelt, laufe über Steuern und zur Alterssicherung gebe es eine Mischung aus staatlicher und privater Vorsorge.

Ob die Rente über ein Umlagesystem finanziert werde oder über ein System mit Zinsen aus Kapitalanlagen, sei eine politische Entscheidung, meinte Rürup. Beide Systeme hätten Vor- und Nachteile. Das Umlagesystem sei sofort einführbar aber alterungsempfindlich, die Kapitalanlage könne man von der Nationalökonomie abkoppeln aber sie unterliegt einem Wechselkursrisiko.
„Welche Generation belaste ich?“, sei daher die Entscheidung die man treffe, wenn man sich zwischen den beiden Systemen entscheide. Inzwischen tendierten die meisten Staaten der Erde zu Mischsystemen, nach dem Motto „Lege nie alle Eier in einen Korb.“ Deutschland sei auf dem Weg 60 Prozent der Altersvorsorge aus der Rentenversicherung zu bezahlen und zu 40 Prozent aus privaten Erträgen. Früher sei die Verteilung 80 zu 20 gewesen.

Klaus Dörre sagte, dass Globalisierung kein Sachzwang für Reformen sei. „Das ist völliger Unfug.“ Dies zeigten schon die verschiedenen funktionierenden Sozialstaatsmodelle in den europäischen Ländern. Er kritisierte an den deutschen Reformen, dass sie „den Trend zur Spaltung der Gesellschaft verstärken“. Schafften früher 70 Prozent der Beschäftigen den Sprung von unsicheren Jobs zu sicheren Arbeitsplätzen, seien es aktuell nur 30 Prozent. „Die Reformen setzen auf das aktive unternehmerische Selbst“, beschrieb er. Dabei werde aber vergessen, dass ökonomische-rationales Denken soziale Voraussetzungen wie Zukunftssicherheit benötigen. „Das wissen Soziologen und vergessen Ökonomen“, stichelte er. Zudem schaffe die Furcht vor einem Statusverlust in Deutschland einen disziplinierenden Druck. „Ein Fehltritt und man ist unten.“ Er befürchte durch die Arbeitsmarktreformen eine „Welle von Altersarmut“, weil die Menschen in unsicheren Arbeitsverhältnissen kein Geld für die private Vorsorge sparen könnten. Rürup stimmte zu. Zwei Prozent der Rentner hätten Anspruch auf Grundsicherung, „das werde sich ändern“, warnte der Volkswirtschaftler. Daher müsse man bei niedrigen Renten das System attraktiver machen.

Peter Bofinger, Volkswirtschaftsprofessor an der Universität Würzburg betonte, dass Globalisung kein Nullsummenspiel sei. Alle würden gewinnen, denn „Globalisierung vergrößert die Torte“. Nur drei Länder von 135 seinen seitdem ärmer geworden, allerdings sei Deutschland bislang „nicht so richtig reich“ geworden. „Globalisierung hat auch Schattenseiten“, schränkte Bofinger ein. Dies seien eine ungleiche Einkommensverteilung und schlechtere Arbeitsmarktchancen für schlecht qualifizierte Mitarbeiter. Drei Dinge könnten dagegen wirken, zählte der Wirtschaftsweise auf: Mindestlöhne oder verbindliche Tarifverträge, gute Bildung und eine negative Einkommenssteuer. Bei der negativen Einkommensteuer bekommen Arbeitnehmer mit niedrigen Einkommen vom Staat einen Zuschuss. Die Befürworter dieses Systems sehen darin den Vorteil, dass man diejenigen unterstützt, die arbeiten. Zudem vermeide das System Bürokratiekosten wie Bedürftigkeitsprüfungen.

Bildung ist für Bofinger auch die Antwort auf die alternde deutsche Bevölkerung. Die Akademikerarbeitslosenquote liege bei vier Prozent. „Wenn wir wenige Kinder haben, sollten das kluge Kinder sein.“Aber leider gebe es eine absurde Situation. „Die Angst vor der Staatsverschuldung ist in Deutschland größer als die vor einer schlechten Bildung.“ Klaus Dörre warnte vor zu viel Optimismus. In der Berliner Kulturwirtschaft arbeiteten viele Akademiker aber die Hälfte der dort Beschäftigten verdienten ungefähr 800 Euro im Monat. Zudem zwinge der Druck von Hartz IV höher Qualifizierte in Jobs aus denen sie niedrig Qualifizierte verdrängten.

Sven Giegold, Deutschlandsprecher der globalisierungskritischen Organisation Attac, widersprach Bofingers positiver Sichtweise der Globalisierung. „Reale Globalisierung ist etwas anderes als die Lehrbuchglobalisierung.“ Große Teile des Welthandels verliefen unfair. Daher hinterlasse der Handel zur Zeit Länder, die davon geschädigt werden. Giegold bemängelte, dass das die Ungleichheiten zwischen Arm und Reich zunähmen, was Rürup zu widerlegen versuchte. Der Gini-Koeffizient, der ungleiche Verteilung von Einkommen und Vermögen in einer Volkswirtschaft angebe, sei seit Jahren gleich, sagte Rürup, wenn man die Umverteilung durch das deutsche Steuer- und Abgebensystem berücksichtige. Daraufhin führte Giegold Daten aus den vergangenen Jahren an, die darauf hinweisen, dass sich dies zum Nachteil der ärmeren Bevölkerungsgruppen verschiebe.

Er kritisierte weiter, dass Kapitalvermögen immer schwerer zu besteuern seien, weil Geld mobil sei. Er plädierte für europaweite Regelungen zur Kapitalbesteuerung. Bert Rürup widersprach auch hier. Nationale Lösungen seien möglich. So hätten die skandinavischen Länder niedrige Kapitalsteuern aber hohe Lohnsteuern. Und mit hohen Umsatzsteuern finanzierten sie ihre Sozialsysteme, beschrieb Rürup. „Ein sinnvolles System.“ Auch Bofinger stand einer EU-weiten Lösung skeptisch gegenüber. „Skandinavien und Österreich schaffen das doch auch“, führte er als Beispiele an. Und wenn dies diese Länder mit wenig Bevölkerung schafften, müsste es doch auch in Deutschland funktionieren.

Professorin entdeckt im Wella-Archiv Karikaturensammlung

Zur Zeit gibt es im Wella-Museum eine doppelte Premiere zu sehen. Die Wella zeigt in ihrem Museum zum ersten Mal historische Karikaturen aus ihrem Archiv über Modetorheiten aus vergangen Jahrhunderten. Und zum ersten Mal werden im Museum Bilder ausgestellt, erklärte Professorin Annette Geiger. „Die ältesten Karikaturen gehen ins 17. Jahrhundert zurück“, gab sie einen Überblick über die Ausstellung mit Werken von Honoré Daumier, Grandville und Kollegen. Sie skizzierten mit spitzer Feder die Perückenmode im 18. Jahrhundert, als man „hoch hinaus“ wollte und überall anstieß. Spätere Abbildungen sind aus dem 19. Jahrhundert und nehmen den Automatisierungsdrang auf Korn. „Die Hintergrunderläuterungen machen die Ausstellung etwas textlastig“, sagte die Wella-Stiftungsprofessorin für Mode und Ästhetik an der Technischen Universität Darmstadt, aber schließlich sei die die Ausstellung auch eine Seminararbeit an der TU gewesen.

25 Studierende hatten ein Semester daran gearbeitet, die Hintergründe zu den Karikaturen recherchieren und dabei teilweise auch Übersetzungsarbeit zu leisten. Auch gelang es zu bestätigen, dass es in Perücken tatsächlich Fallen für Flöhe gab. Wie sie funktionierten, war nicht mehr herauszufinden, „aber es gab sie“, erklärte Geiger (die seit 2009 an der Kunsthochschule Bremen lehrt).

Das Wella-Museum in der Berliner Allee 65 hat regulär Montags bis Freitags zwischen 10 und 17 Uhr geöffnet. Die Karikaturen-Ausstellung zu „Lust und Laster der Mode“ läuft bis zum 31. Januar.

Als Baumeister in Italien – Immer ein Stockwerk höher als die Mitspieler

Vorbild für das Spiel „Patrizier“ sind die turmartigen Wohnhäuser, die vor allem in Italien das mittelalterliche Stadtbild prägten. Je größer der politische Einfluss der Familie war, desto höher war der Turm. Die Spieler sind Turmbaumeister und versuchen die meisten Stockwerke in den Türmen italienischer Städte zu bauen.

Ist ein Spieler an der Reihe, spielt er eine Karte aus und baut in den Türmen der Stadt, die auf der Karte abgebildet ist ein oder zwei Stockwerke. Er bekommt als Nachschub die Karte, die neben der Stadt liegt. Auf dieser steht in welcher Stadt er weitere Stockwerke einbauen darf. Da die Karten alle offen liegen, weiß man welche Zugmöglichkeiten man bekommt. Nach und nach wachsen in jeder Stadt zwei Türme. Dabei kommt es darauf an, die meisten Steine in einem Turm zu haben, damit man die Siegpunkte für den fertigen Turm bekommt.

Da alle Karten gespielt werden, kann man vorausplanen, aber man braucht auch das Glück, dass die Mitspieler nicht den gleichen Turm bauen wollen. „Patrizier“-Autor Michael Schacht mischt so stimmig geschickt Glück und Taktik, so dass man seinen Sieg seiner Planung und eine Niederlage dem Kartenpech zuschieben kann.

„Patrizier“ von Amigo
Autor: Michael Schacht
Für 2 bis 5 Spieler ab 10 Jahren

Ein Süppchen aus Spinnen und Trollaugen – Welcher „Alchemist“-Spieler braut die wertvollen Zaubertränke?

Bei „Alchemist“ versuchen die Spieler als Zauberlehrlinge verschiedene Tränke zu mischen. Wer an der Reihe ist, kann eine neue Rezeptur entwerfen, bestehende Rezepturen kopieren oder passen. Einen neuen Trank stellt man aus seinem Zutatenvorrat zusammen und legt sie auf einen der zehn Kessel auf dem Spielplan. Dafür bekommt der Spiele die Punkte, die der Kessel wert ist.

Wer eine Rezeptur kopiert, zahlt er die entsprechenden Zutaten eines schon bestehenden Tranks und und bekommt die angezeigten Punkte, die beim Kessel stehen.

Damit zeigt sich, was man als Spieler planen und bedenken muss. Erfindet man einen neuen Trank mit wenigen Zutaten, kann ein Mitspieler diesen leicht kopieren und so billig Siegpunkte machen. Zwar bekommt der Erfinder auch eine Belohnung, aber lohnt sich das? Andererseits darf man den Trank nicht zu kompliziert machen, weil es sonst keiner kopiert, und man keine Belohnung bekommt. Zudem hat jeder Spieler noch eine geheime Lieblingszutat. Wird diese bei den Tränken besonders oft verwendet, bekommt man zusätzliche Siegpunkte.

Das Spiel hat minimale Regeln und gibt viele Freiheiten. Daher wird man nach seiner ersten Partie vermutlich nicht wissen, warum man gewonnen oder verloren hat. Irgendwie muss man die Balance finden, zwischen Tränken kopieren, Tränken erfinden und dabei noch versuchen, die Mitspieler dazu zu bringen, die eigene Lieblingszutat zu verbraten. Ein Spiel nach dem Motto: „Leicht zu lernen, schwer zu meistern“. Schön wäre es noch gewesen, wenn die Tränke Namen bekommen hätten, so kommen die Elixiere etwas technokratisch daher.

„Alchemist“ von Amigo
Autor: Carlo Rossi
Für 2 bis 5 Spieler ab 10 Jahren