Was von der SPD-„Rentenversicherung für alle“ bleibt, wenn es konkret wird

Die SPD will eine Rentenversicherung für alle – steht zumindest in ihrem „Regierungsprogramm 2013-2017“ (PDF, 1,5MB) auf Seite 72:

Soziale Sicherheit und Vorsorge – Mit der Ausweitung des Versichertenkreises in der gesetzlichen Rentenversicherung machen wir einen Schritt zu einer Erwerbstätigenversicherung, in der alle zu gleichen Bedingungen für das Alter und bei Erwerbsminderung versichert sind.

Aber wenn die Genossen an der Regierung sind und es konkret wird, dann wird ein erster möglicher Schritt zur „Erwerbstätigenversicherung für alle“ promt nicht gemacht.

Wie das lawblog hinweist, will Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) auch bei Unternehmen angestellte Anwälte wieder in ihr Versorgungswerk lassen. (Es gab da im April 2014 so ein ärgerliches Bundessozialgerichturteil, das fand, dass diese Firmenjuristen in die gesetzliche Rentenversicherung müssen.) Aber jetzt hat Jurist Maas ein Einsehen mit seinen Standeskollegen.

Legal Tribune Online: Befreiung von der Rentenversicherung wieder möglich – Das seit langem erwartete 14-Punkte-Papier zur Neuregelung des Rechts der Unternehmensjuristen, das Bundesjustizminister Heiko Maas am Dienstag vorgestellt hat, erteilt der Doppelberufstheorie eine Absage, enthält ein Zulassungsmodell und macht den Verbleib der Syndici im Versorgungswerk möglich.

Die gesetzliche Rente ist ja eher doof, das wissen auch die Juristen. Versorgungswerk ist wortwörtlich klasse – da ist man unter sich.

Faz: Syndikusanwälte bangen um ihre Rente – Nach Angaben der Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungswerke (ABV) erhalten Freiberufler im Durchschnitt Renten, die fast doppelt so hoch liegen wie die gesetzlichen, nämlich bei gut 2.000 Euro im Monat.

Man könnte es natürlich einfach beim Urteil des Bundessozialgerichts bewenden lassen, ganz im Sinne der Versprechens aus dem Wahlprogramm. Warum eigentlich nicht? Vermutlich wiegt ein anderes SPD-Versprechen schwerer, das gilt nämlich immer wenn sie im Bund regiert …

Gedeckelte Beiträge bei der gesetzlichen Rente und trotzdem weniger Netto

„Screenshot aus der ARD-Sendung "Das Riester Dilemma"

Wie war das damals, als die Riesterente als Ergänzung zur gesetzlichen Rente eingeführt wurde?

Das Rentensystem sollte wegen des demografischen Wandels umgestellt werden, und damit der Beitragssatz für die gesetzliche Rente nicht zu hoch steigt, wurde er gedeckelt. Nebenbei wurde das Rentenniveau durch den Nachhaltigkeitsfaktor (berücksichtigt die Geburtenrate) um 12 bis 14 Prozent reduziert (worüber heute noch immer keiner diskutiert). Und die Rente mit 67 (die Reaktion darauf, dass jede Generation vier Jahre länger lebt) kürzt die Rente nochmal um 7,2 Prozent (worüber jeder diskutiert, obwohl es viel weniger Kürzung bedeutet).

Um das auszugleichen sollte man privat vorsorgen, und damit das auch alle machen, wird „riestern“ staatlich gefördert. Wobei ich mich schon immer vermutete, dass man das Geld für die Riesterrente gleich in die gesetzliche Rente stecken könnte, denn netto hat man als Arbeitnehmer so (Riester) oder so (höherer Beitrag) weniger in der Tasche.

Nun hat der Saarländische Rundfunk mich in seiner Sendung „Das Riester-Dilemma“ bestätigt und das vorgerechnet:

YouTube/ARD: Die Riester-Lüge

Ungefähr bei 39 Minuten 32 Sekunden kommt die Passage, die zeigt, dass der Rentenbeitrag durch die Riesterreform nicht niedriger ist als vorher. Arbeitgeber und Arbeitnehmer zahlen jeweils rund 11 Prozent ein und der Arbeitnehmer zusätzlich 4 Prozent für die Riesterrente. Damit liegt der Rentenbeitrag bei insgesamt 26 Prozent.

Und dabei waren der damaligen rot-grünen Regierung schon 24 Prozent Rentenbeitrag zuviel. Aber mehr ins umlagefinanzierte System wollte man ja nicht reinstecken, die 4 Prozent für die private Vorsorge sind Milliarden auf die Mühlen der Versicherungswirtschaft. Wobei der Nutzen zur Zeit heiß diskutiert wird. Denn bei Durchschnittsrenten sieht es so aus, als ob die meisten auch mit Riesterrenten kaum über die Grundsicherung hinauskommen. Sie reduzieren für den Bund ein wenig die Kosten für die Grundsicherung.

So. Und wer hatte damals regiert? Gerhard Schröder (SPD) war Bundeskanzler und sein Arbeitsminister hieß Walter Riester (Sozialdemokrat und auch noch Gewerkschafter). Und solange führende Genossen nicht zugeben, dass diese Semi-Privatisierung (es gibt ja staatliche Zuschüsse) der Rentenversicherung ein Fehler war und das nicht korrigieren, werde ich die Genossen im Bund nicht wählen. Egal, wie Schwarz-Gelb rummurkst. (Zumal die mehr SPD-Positionen durchsetzen als die SPD. Siehe Mindestlöhne. Siehe AKW-Abschaltung.

Denn die SPD hat mir gezeigt, dass sie sobald sie in der Bundesregierung sitzt, die Bürger verrät und verkauft (ich war mal Mitglied und hatte sie gewählt, daher nehme ich mir auch raus, das zu sagen). Und Dinge beschließt, die sich Helmut Kohl nie getraut hätte. Ich wette, wäre die SPD in der Opposition gewesen, hätte sie solche Renten-Pläne bis zuletzt bekämpft.