Januar 1914 – Verschwörung gegen österreich-ungarischen Militärgouverneur

Die serbische Geheimorganisation „Schwarze Hand“ plant im Januar 1914 den österreich-ungarischen Militärgouverneurs in Bosnien, Oskar Potiorek, mit einem vergifteten Dolch zu ermorden. Der Plan scheitert, da der Verschwörer Muhamed Mehmedbasic den Dolch aus einem Zugfenster wirft und das Gift in einer Toilette runterspült, als er uniformierte Polizeibeamte erblickt.

Oskar Potiorek hat übrigens – schon im Jahr 1913 – den österreich-ungarischen Thronfolger Franz-Ferdinand für Juli zum Manöver in Bosnien-Herzegowina eingeladen.

7.1.1914 – Schlachtschiffe für Europa

In den USA werden zwei bestellte Schlachtschiffe ausgeliefert: Eines für Griechenland, eines fürs Osmanische Reich. „Es könnte sich der interessante Fall ergeben, dass zwei frisch gekaufte Schlachtschiffe rivalisierender Staaten gemeinsam die Straße von Gibraltar passieren“, schreibt die „Neue Freie Presse“ in Österreich-Ungarn.

Neue Hinweise auf österreich-ungarische Kriegspläne schon vor den Sarajevo-Attentat?

Neue Hinweise? Kurz: Nein, die Hinweise sind meiner Meinung nach jedenfalls nicht neu. Es gab 1914 in Österreich-Ungarn ganz klar eine Gruppe, die schon länger für einen Krieg gegen Serbien war. Das Dokument wird ein weiterer Beleg dafür sein.

Die Tiroler Tageszeitung Online und eine englische Ausgabe einer serbischen Zeitung melden heute, dass es schon vor dem Sarajewo-Attentat Kriegspläne der k.u.k-Monarchie gegen Serbien gab.

Tiroler Tageszeitung: 1914/2014: Kriegspläne angeblich schon vor Sarajevo-Attentat – General Oskar Potiorek soll den entlarvenden Brief bereits am 28. Mai 1913 an den damaligen österreichisch-ungarischen Finanzminister Leon Bilinski geschickt haben.

inSerbia.info: Letter From 1913 That Reveals That Vienna Planned WWI Presented – Plans for the start of the World War I existed 13 months before Sarajevo assassination and 14 months before the Austro-Hungarian declaration of war on Serbia, according to so far hidden letter, which was presented today in Andricgrad by the Director of the Archives of Serbia, Miroslav Perisic.

Das Dokument war in den zwanziger Jahren aufgetaucht, scheint aber verschwunden.

Prinzipiell neu scheint mir das nicht; es gab in der Donaumonarchie hochrangige Scharfmacher – wie eben Leon Biliński – gegen Serbien:

Wikipedia: Leon Biliński – Biliński gehörte zur Kriegspartei, den Befürwortern einer kriegerischen Auseinandersetzung mit Serbien, zusammen mit den wichtigsten Exponenten der Gesamtmonarchie, wie Ministerpräsident Karl Stürgkh, Generalstabschef Franz Conrad von Hötzendorf und Kriegsminister Alexander von Krobatin. Gemeinsam mit Außenminister Leopold Berchtold war Biliński schon beim Ministerrat am 2. Mai 1913, während der SkutariKrise, für die Angliederung Serbiens als gleichberechtigter Teil der Monarchie eingetreten.

Und Franz Conrad von Hötzendorf hatte detaillierte Operationspläne gegen Russland, Serbien und Italien ausgearbeitet. Er hatte zwischen 1913 und 1914 25 Mal vergeblich einen Krieg gegen Serbien verlangt, wie auch Christopher Clark in seinem „Schlafwandler“-Buch über den Generalstabschef berichtet.

1909, als die bosnische Annexionskrise ihren Höhepunkt erreichte, war von Hötzendorf auch einer der, der alles vorhersah.

„Es ist ein Verbrechen, dass jetzt nichts geschieht. Der Krieg mit Serbien hätte die Monarchie gerettet. In wenigen Jahren werden wir diese Unterlassung bitter büßen, und ich werde dazu auserkoren sein, die ganze Verantwortung zu tragen und den Kelch bis zur Neige zu leeren.“

Nachtrag, 7.1.: Da war ich ja noch richtig entgegenkommend, indem ich tatsächliche Hinweise auf Kriegspläne nannte. Inzwischen ist eine Agentur-Meldung dazu (auch) in der NZZ und der Welt (siehe in den Kommenataren) angekommen. Und da heißt es:

Serbien «beweist» seine Unschuld: In dieser Übersetzung steht so ziemlich das Gegenteil dessen, was Serbien dem Brief zuschreibt. Zwar spricht der Wiener Militärgouverneur von einem «unausweichlichen Krieg in einigen Jahren» (… schlägt aber auch ein Handels-, Zoll- und Militärabkommen zur Entschärfung der Lage vor.)

Die Lage 1914: Das „Pulverfass“ Balkan

Der Erste Weltkrieg ist ein Musterbeispiel für den Unterschied zwischen Ursache und Anlass. Der Anlass, der dazu führte, dass die damaligen europäischen Großmächte anfingen aufeinander einzuschlagen, war die Ermordung des österreich-ungarischen Thronfolgers Franz Ferdinand in Sarajewo am 28. Juni 1914. Ursache war aber die Politik der Großmächte in den Jahren und Jahrzehnten zuvor.

Seit der Unabhängigkeit Griechenlands 1830 waren auf dem europäischen Gebiet des Osmanischen Reiches viele neue Staaten am entstehen. Der Nationalismus, den die Französische Revolution ausgelöst hatte (das französische Volk musste seine Revolution (Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit) gegen die konservativen Monarchien Europas verteidigen) wurde von anderen Völkern aufgegriffen.

War es vor 1789 der sowieso immer Steuern zahlenden Bevölkerung ziemlich egal welche Sprache oder Nationalität ihr Landesherr hatte, so änderte sich dies nun langsam aber sicher in ganz Europa. Mit weitreichenden Folgen. So herrschte Österreich auf dem Balkan unter anderem über Ungarn, Tschechen, Kroaten, Slovaken oder Polen. Zwar waren die Gebiete wie Böhmen mit den Tschechen schon seit dem Mittelalter Teil des „Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation“ gewesen, aber die Nationalität wurde erst jetzt interessant. Im europäischen Teil Russlands lebten ebenfalls nationale Minderheiten wie beispielsweise Finnen, Esten, Litauer oder Polen. Ebenso in Preußen, welches dank der Aufteilung Polens zwischen Russland, Preußen und Österreich eine polnische Bevölkerung hatte.

Im Berliner Frieden von 1878 wurden die vormals türkisch-osmanisch beherrschten Länder Bulgarien, Montenegro, Rumänien, Serbien souverän. Österreich-Ungarn durfte Bosnien und die Herzegowina besetzen und Großbritannien erhielt Zypern.

Aber es gab noch reichlich Land des langsam zerfallenden osmanischen Reiches zu verteilen, denn Albanien, Nordgriechenland, Makedonien, und Südbulgarien (Namen aus heutiger Sicht) blieben türkisch.

1908 kommt es zur Revolution der Jungtürken unter Enver Pascha. Das osmanische Reich soll eine Verfassung und gleichberechtigte Untertanen bekommen. Die Balkanstaaten sehen in der türkischen Schwäche Gelegenheiten zur Nationalismusauslebung und Gebietsvergrößerung.

1908 annektiert Österreich-Ungarn das schon besetzte Bosnien-Herzegowina, um Fakten zu schaffen. Serbien sieht dadurch seinen Weg zum Meer und sein „Recht“ auf ein Großserbien verhindert. Österreich-Ungarn wird in seinem Handeln von Deutschland unterstützt. Dadurch kommen die beiden Mittelmächte in Konflikt mit Russland, das Serbien unterstützt. Der pro-serbische russische Außenminister Iswolski tritt schließlich zurück und wird russischer Botschafter in Paris.

1911/12 kommt es zum Krieg zwischen Italien und der Türkei um Libyen. Russland vermittelt die Gründung des Balkanbundes zwischen Serbien und Bulgarien mit dem Hintergedanken den Einfluss Österreich-Ungarns einzudämmen. Die türkische Schwäche wird 1912 von Montenegro, Serbien, Griechenland, Rumänien und Bulgarien genutzt, um ihr Staatsgebiet auf Kosten des europäischen Restes des osmanischen Reiches zu vergrößern.

Der Erste Balkankrieg ist Montenegro, Serbien, Griechenland, Rumänien und Bulgarien gegen die Türkei.
Die Großmächte mischen natürlich auch mit und unterstützen verschiedene Balkanstaaten. Russland unterstützt Serbiens Pläne zum Meer zu gelangen, Österreich-Ungarn unterstützt Bulgarien, um Serbien und Italien zu bremsen. Denn Italien möchte Albanien kassieren und besetzt in der Ägäis vor der türkischen Küste die Dodekanes.

Auf der Londoner Konferenz im Mai 1913 vermitteln Deutschland und England die Verteilung des ehemaligen osmanischen Kuchens. Nur sind sich die jungen Balkanstaaten selbst nicht grün und fallen beim Beuteverteilen im Juni 1913 übereinander her.

Der Zweite Balkankrieg ist Montenegro, Serbien, Griechenland und Rumänien gegen Bulgarien. Bulgarien greift Serbien an und Montenegro, Griechenland sowie Rumänien unterstützen Serbien. Österreich-Ungarn will Bulgarien beistehen, wird aber von Deutschland und Italien daran gehindert, denn Russland war ja auch noch im Hintergrund als serbischer Verbündeter.

Im August kommt es zu Frieden von Bukarest. Serbien hat sein Staatsgebiet verdoppelt, ist aber noch immer ohne Seehafen, Albanien ist selbstständig und Bulgarien verliert Mazedonien an Griechenland und Serbien.

Infolge nicht eindeutig festlegbarer ethnischer Grenzen und eigentlich damals immer noch anachronistisch nationale Minderheiten ignorierende in „Groß“reichen denkenden nationalistischen Politikern, blieb der Balkan auch nach seinen beiden Kriegen 1912/13 ein Spannungsfeld.

5.1.1914 – Löhne rauf, Arbeitszeit und Preise runter – Der Ford T kommt vom Fließband

welt.de: Vor 100 Jahren lief in Detroit die Fließband-Produktion von Henry Fords Modell T an. Die Folge: halbe Preise, doppelte Löhne, der Achtstundentag sowie verwirrte Gewerkschafter.

Nach der Umstellung auf Fließbandfertigung am 14. Januar 1914 wurde der Verkaufspreis von 850 Dollar (16.387 Euro in heutiger Kaufkraft) auf 370 Dollar (7134 Euro) gesenkt. Und ein Auto war in eineinhalb statt in zwölf Stunden montiert.

Link: Der chemische Vater des Kunstdüngers und des Gaskriegs

Spon: Chemiker Fritz Haber – Forscher an vorderster Front

Habers Ehefrau Clara hatte 1900 als erste Frau an der Universität Breslau in Chemie promoviert. Sie sah die Gaseinsätze, die Haber auch aktiv begleitete, als „Perversion der Wissenschaft“. Nach einem Giftgaseinsatz 1915 in Ypern erschoss sie sich.

zeit.de: Die Zerstörung einer Frau

2.1.1914 – „Der Kriegsplan Russlands“

Ab dem 2. Januar 1914 erscheint in der Pariser Zeitung „Le Matin“ eine Reihe mit dem Titel „La plus grande Russie“ (Das größere Russland). Ein Artikel zeigt eine Landkarte unter der Überschrift „Der Kriegsplan Russlands“ auf dem angeblich die genauen Stellungen der russischen Armeekorps entlang der russisch-deutschen Grenze (Stand 31.Dezember 1913) stehen.