Konzentration, Bewegung und Gleichgewicht hängen zusammen

Neulich war ich im Sportkindergarten der SG Weiterstadt, weil der am 22. März 1991 seinen ersten Kindergartentag hatte und somit jetzt 25 Jahre alt ist. „Sport“ klingt so ambitioniert, aber eigentlich geht es bei dem Schwerpunkt um Bewegung. Ihre nächsten deutschen Meister findet die SGW immer noch in ihren Sportanlagen.

Ich muss ja zugeben, ich hatte bis vor einigen Jahren den Sportunterricht als nicht so wichtig gesehen. Bis ich 2007, witzigerweise ziemlich genau am neun Jahre davor, am 21. März, auf einem Termin in Eberstadt war:

„Stehen sie auf, und stellen sie einen Fuß auf den anderen“, fordert die Lehrerin die rund 90 Besucher auf. „Mit den Händen bilden sie über dem Kopf ein Dach.“ Und dann fragte sie nach einfachen Dingen wie dem vierten Buchstaben im Wort Fenster oder ließ die Leute rechnen. Kleine Aufgaben, die manchen Erwachsenen aber in große Schwierigkeiten brachten.

„Sie hatten mehr zu tun als sonst“, erklärte die Lehrerin, „weil sie ihr Gleichgewicht halten mussten“. Und ebenso hätten Kinder Schwierigkeiten, wenn ihre Gleichgewichtssinn nicht genug entwickelt ist. Lernen und Bewegen seien in unserer Vorstellung von Schule getrennt, gehörten aber zusammen. „Wenn unser Gleichgewichtssinn ausgeglichen ist, können wir uns auf Rechnen, Schreiben und Lesen konzentrieren.“

Die Lehrerin war Dorothea Beigel, die ein Gleichgewichtsprogramm zur Lernunterstützung entwickelt hat. Das mit der Bewegung bestätigt mir auf gleichen Termin eine Ergotherapeutin:

„Wer Bewegungsschwierigkeiten hat, fühlt sich oft auch nicht wohl in seinem Körper.“ Wer sich bewegen kann, könne auch selbstbewusster auftreten. „Manche Eltern sind überrascht, wenn wir bei Konzentrationsschwierigkeiten mit Bewegungsübungen anfangen“, berichtete Meike Miller.

Für meinen aktuellen Echo-Artikel (Bewegung als Schwerpunkt) sagte mir Christine Krawietz, Diplom-Sportwissenschaftlerin im Weiterstädter Sportkindergarten, dass Bewegung auch mit Sprechen und Sozialverhalten zusammenhänge: „Bewegung weckt Emotionen und schafft Anlässe zu sprechen.“

Und kurz drauf stand in der deutschen Huffington Post ein übersetzter Blogeintrag der Ergotherapeutin Angela Hanscom: Damit Kinder lernen können, müssen sie in der Lage sein, dem Unterricht Aufmerksamkeit zu schenken. Damit sie das können, müssen wir ihnen erlauben, sich ausreichend zu bewegen. (In order for children to learn, they need to be able to pay attention. In order to pay attention, we need to let them move.)
Es gibt auch eine hessische Studie von 2012 mit Zweitklässlern zum Zusammenhang zwischen Gleichgewicht und Lernleistungen.

Bildung braucht Gesundheit: Schülerinnen und Schüler der Interventionsgruppe, die regelmäßig die gezielten Gleichgewichtsprogramme im Unterricht nutzen, zeigen parallel zu ihren verbesserten Gleichgewichtsleitungen:
• Signifikant bessere Lesefähigkeit (ELFE)
• Signifikant bessere Leistungen im Mathematiktest (DE – MAT)
• Tendenz der Verbesserung in der Rechtschreibung (HSP)
(…) Auch das Sozialverhalten und das Emotionalverhalten entwickelten sich nach dem Eindruck der Pädagoginnen und Pädagogen in den Interventionsklassen positiv.