18. Juli 1914 – Russland weiß vom Ultimatum

Am 18. Juli haben der deutsche Kaiser und der russische Außenminister etwas gemeinsam: Sie erfahren was über die k.u.k Ultimatumspläne an Serbien. Nur für den aus dem Urlaub kommenden Sasonow ist das neu und für den noch urlaubenden Kaiser ein Update.

Der Staatssekretär des Auswärtigen an den Gesandten im kaiserlichen Gefolge: Nach Mitteilung der Botschaft Wien wird österreichisch-ungarische Demarche in Belgrad am 23. d. M. erfolgen.

Sasonow spricht mit dem k.u.k.-Botschafter Graf Friedrich von Szápáry. Szápáry telegrafiert noch am 18. Juli an seinen Außenminister, den Grafen Berchtold. Nach dem was Szápáry schreibt, hatte der russische Außenminister durchblicken lassen, dass er was weiß.

Der Minister bemerkte aber, daß ihn die letzten Nachrichten aus Wien etwas beunruhigt hätten und sprach seine Überzeugung aus, daß niemals ein Beweis für die Tolerierung solcher Machenschaften seitens der serbischen Regierung werde erbracht werden können. Ich erwiderte, die bisherigen Resultate der bezüglichen Enquête seien mir zwar unbekannt, jede Regierung müsse aber bis zu einem gewissen Grade verantworten, was auf ihrem Territorium vorgehe. Übrigens sei man in Wien überzeugt, daß die serbische Regierung sich unseren etwaigen Forderungen entgegenkommend zeigen werde.

Sasonow spricht auch mit dem britischen Botschafter und wird deutlich.

Welt.de: Russland warnt Wien vor weiterem Druck auf Serbien Sir George wusste nun, woran Großbritannien, ganz Europa, ja die Welt waren: Jede Form von österreichisch-ungarischem Druck auf Serbien konnte direkt zu einem Krieg führen, der sicher nicht auf den Balkan beschränkt blieb.

Londons Botschafter de Bunsen und sein Außenminister Grey haben offenbar die Brisanz der österreich-ungarischen Pläne unterschätzt. De Bunsen hakt laut Sean McMeekin in einem Gespräch mit k.u.k-Außenminister Berchtholt nicht nach und Edward Grey auch nicht nachdem er die Telegramme seines Botschafters gelesen hat.

Inzwischen merkten auch die Österreicher, dass ihre Pläne durchgesickert waren, als sie eine italienischen Funkspruch abfingen – den Code hatten sie schon länger geknackt. Demnach wusste Italien über eine deutsche Quelle von den Ultimatumsplänen. Italien bat Russen und Rumänen, in Berlin und Wien drohend aufzutreten, damit Österreich-Ungarn kein Ultimatum stellt. Da die Österreicher wussten, dass die Russen auch eine gute Funkaufklärung hatten, gingen sie davon aus, dass Russland auch Bescheid weiß.

Der nach Russland dampfende französische Präsident gibt seinem Premierminister derweil Unterricht in Außenpolitik: Frankreich setzt auf das Bündnis mit Russland, der Konzentration auf Deutschland als Hauptgegner und den 1912 beschlossenen Ausbau der strategischen Eisenbahnen. Wichtig ist laut Christopher Clark für Poincare

Das Bündnis ist unsere Grundlage; es ist der unverzichtbare Schlüssel zu unserer militärischen Verteidigung; es kann lediglich durch Unnachgiebigkeit gegen sämtliche Forderungen des gegnerischen Blocks erhalten werden.

Klingt irgendwie nach einem Zirkelschluss. Auch nicht besser als die deutsche Treue zu Österreich, nur sind ist Rußland stabiler.