3. Mai, Tag der Pressefreiheit: Journalismus oder PR

Weltkarte der Pressefreiheit 2016 von "Reporter ohne Grenzen".

Weltkarte der Pressefreiheit 2016 von „Reporter ohne Grenzen“.

Heute am Tag der Pressefreiheit könnte man doch mal alle Unternehmen auflisten, die mit Anzeigenstornierung gedroht haben, wenn ein bestimmter Artikel erscheint. Und dann noch die Firmen, Vereine und Personen, die den Artikel gerne vorher lesen wollen.

Natürlich ist das ein Luxusproblem, verglichen mit Ländern, in denen Journalisten vom Staat oder Interessengruppenn massiv bedroht und ermordet werden.

Alles richtig gemacht

Blogger Felix Schwenzel war bei einem Pressetermin der Fantastischen Vier und hat mit seinem Blogeintrag dazu offenbar den Bandleader vergrätzt:

smudo findet hier irgendwas unverschämt, nennt mich „journalist“ mit anführungszeichen und hashtagt wirres.net mit #TwenVorurteilsBlog. entweder hab ich irgendwas falsch gemacht oder irgendwas richtig.

Vermutlich hat Smudo einfach „Journalist“ mit „PRler“ verwechselt. Das macht aber nichts, dass passiert vielen Menschen.

Die glauben, das man alles was die reingeben, eins zu eins ins Blatt/Medium gewuchtet wird, an Stelle von „Pressemitteilung“ seinen Namen oder sein Kürzel drunter schreibt und dem einen neutralen Anstrich verpasst. Und wenn man es mal nicht macht oder was dazwischenkommt, sind sie beleidigt – oder ergehen sich in Verschwörungstheorien.

Durchlauferhitzer, oder was?

Liebe PR-Macher,

ich bin kein Durchlauferhitzer (für eure heiße Luft). Ich schlage nicht alles vor, was ihr mir schickt, auch wenn mir dadurch ein Artikel entgeht.

Vor allem nicht, wenn von den letzten drei Geschichten eine verwirrend falsch angekündigt war, die zweite genau so gut einen Anzeige hätte sein können und die dritte ein krudes Elaborat beförderte.

Ich sehe ja ein, dass jeder seine Aufgabe hat, aber da erwarte ich auch genauso ein Einsehen, dass ich bei der Zeitung nicht der sein will, der unreflektiert alles hochjubelt, was man ihm zumailt. Auch ein bisschen Einsicht, welche Stories medioker und welche gut sind sind, ist hilfreich, weil wenn alles „super“ oder „wichtig“ ist, ist alles „langweilig“ und „unwichtig“.

Und wenn ich nicht daran glaube, dass das was ist, dann passiert von meiner Seite nunmal eher wenig. Dann reiche ich das kommentarlos weiter und fertig.

Nebenbei weiß ich, dass PR besser bezahlt wird als Journalismus. Also könnt ihr euch auch ab und zu mal dafür etwas strecken.

Siehe auch: Wir sind hier nicht auf der „Enterprise“

Freiwillige Lektoren

Diese „Artikel gegen Anzeige“-Nummern in manchen werbefinanzierten Blättchen sind eine Pest. Weil sie bei Geschäften Erwartungen wecken. Die Erwartung nämlich, dass selbst ein harmloser Zeitungsartikel das gleiche wie ein PR-Text ist, an dem man entsprechend rumfeilen kann. (Nebenbei: Dass PR deutlich besser – und vom Geschäft – bezahlt wird, wird dabei natürlich vollkommen ausgeblendet.)

Neulich war ein Anruf, man wolle meinen Artikel gerne vor dem Erscheinen lesen. Eigentlich ist Korrekturlesen ja nicht der Lieblingsjob der Menschen, aber wenn’s ums eigene Geschäft geht, dann doch.

Ich hatte abgelehnt und gefragt, worum man sich denn sorge, was ich etwa gar nicht oder falsch verstanden haben könnte. (Ich bin ja nicht so. Wenn beispielsweise ein Flohmarkthändler plötzlich nicht namentlich in die Zeitung will, weil er Sorgen um sein ALG II oder seine Steuererklärung hat, dann schreibe ich den Namen auch nicht. Und dass ein kleiner mittelständischer Unternehmer plötzlich unsicher wird, ob des Artikels der da kommt, kann ich auch nachvollziehen.) Es gibt ja auch Sätze, bei denen man nachher feststellt, dass man sich mit denen in die Nesseln setzen wird.

Das war es aber nicht, es war nur der generelle Kontrollwunsch und implizit der Wusch, dass ich das berücksichtige. Nur: So geht’s nicht. Leser und die Leserin erwarten doch, dass ein Artikel unabhängig (das kommt übrigens das Wort zum tragen, das unterm Zeitungsnamen steht) eben nicht kontrolliert und korrigiert ist. Oder? Der Kunde – in dem Fall die Redaktion – geht zu Recht davon aus, dass ich denen keine verdeckte PR (Bin ich irre?) verkaufe. Nachdem ich das zweimal erklärt hatte, musste ich das Gespräch leider von mir aus beenden.

Bevor einer kommt: Natürlich könnte man des lieben Friedens willen so tun als ob, den Text zum Lesen schicken, und die Korrekturen dann geflissentlich und ungelesen ignorieren. Nur dazu hätte hier der Text überhaupt mal fertig sein müssen. :-D Ich hatte die Zeit bis zum Redaktionsschluss nämlich ziemlich eng verplant. Und meinen Zeitplan wegen Überraschungskorrekturwunschkonzerten umschmeißen, um die Änderungen sowieso in die Tonne zu treten?

Und wenn es eine Recherche wegen eines Missstandes gewesen wäre, hätte ich auch entsprechend gefragt. Warum sollte man eine Falle stellen? Was für ein Journalistenbild haben die Leute?

Für den Ruhm und Lohn anderer

Manchmal werden einem ja Artikelthemen vorgeschlagen. Medien-Miezen* versuchen ihren Job gut zu machen und ihre Firma oder ihren Kunden gut in der Zeitung zu präsent- und platzieren.

Und es gibt Tage, an denen ich mich, ob des Unrechts der Welt verbittert, frage ob ich darauf eingehen soll. Ich arbeite in dem Moment nämlich für den Ruhm und Lohn anderer. Und es gibt Tage an denen mich das gewaltig stört.

Warum sollte ich das einer Redaktion vorschlagen? Das ist kostenlose PR. Würde ich es als PR schreiben, wäre mein Satz höher. Sauber recherchiert ist er auch nicht und so richtig unabhängige Berichterstattung ist ebenfalls was anderes. Andererseits könnte ich einen Artikel schreiben, aber der Text ist für die Medien-Mieze mehr wert als er mir bringt.

* – Platzhalter, kann auch ein Kommunikations-Kater sein.

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