„Ein Kind will zeichnen was es weiß, sieht und fühlt“, beschreibt Knut Philipps den Unterschied zwischen Erwachsenen- und Kinderzeichnen. „Die Erwachsenen wollen in der Regel etwas Gegenständliches gezeichnet haben. Kinder zeichnen was sie erleben. “ Mitte Oktober erläuterte der Kunstpädagoge Philipps in der ASB Kindertagesstätte „An der Modaubrücke“ Kinderzeichnungen. Philipps war unter anderem Lehrbeauftragter am Institut für Kunstpädagogik der Johann Wolfgang von Goethe-Universität in Frankfurt.
„In die kindlichen Zeichnungen fließen ein: Beobachtung, Wissen, Wahrnehmung, Vorstellung und Wunschdenken.“ Dabei entwickelten sich die Kinderbilder weltweit gleich. Überall entstünden Kopffüßler, beschrieb Philipps, der auch Vorsitzender des Mühltaler Vereins „Archiv Kinderkunst“ ist.
Er erklärte warum ein Vogel in einer Kinderzeichnung ein Gesicht und vier Beine hat: In der kindlichen Logik sei der Vogel ein Lebewesen wie das Kind, also bekomme er ein Gesicht mit Nase, Mund und Augen. „Und weil es ein Vogel ist, bekommt er auch einen Schnabel.“ Philipps ergänzt die Zeichnung nun um vier Beine und lacht: „Da verzweifeln die Erwachsenen erneut.“ Aber das Kind wisse, dass der Vogel ein Tier sei und ein Tier habe mehr Beine als die Menschen. „Lassen sie sie so denken“, bat er, mit der Zeit lernten die Kinder dazu. Schablonen oder Klischees wie schematische Vögel aus zwei Bögen sollte man vermeiden. Man könne nicht verhindern, dass Kinder damit konfrontiert würden und sie übernähmen, aber man könne Klischees durch Nachfragen aufweichen.
Auch frühe Kinderzeichnungen solle man aufbewahren. Vor allem mit einer kurzen Erläuterung dokumentieren und in eine Mappe legen. „Kritzeln ist nicht kritzeln.“ Man spreche von Hieb- oder Schwungkritzeln, Urkreuzen und Urknäuln. Mit einem Urkäul (zahlreiche kreisförmige Linien) kann das Kind beispielsweise einen Elefanten malten – mit einem langen Strich, der aus dem Urknäul herausgeht. Pars pro toto, erklärt der Kunstpädagoge, der Strich ist der Rüssel und dieser Teil (pars) steht für den ganzen (toto) Elefanten.
Der Kunstpädagoge empfahl den dreißig Zuhörerinnen in den Kindergärten fürs Malen Impulse jenseits der üblichen Häuser-, Schneemann- oder Wiesenbilder zu setzen. Beispielsweise durch das Thema Zähneputzen. „Das schäumt, die Zähne, der große Mund, da haben sie ein fantastisches Bild“, schwärmte Philipps. Und die „leidigen Schablonen“ zum Ausmalen oder Ausschneiden solle man in den Müll zu werfen.
Buch: „Warum das Huhn vier Beine hat“ von Knut Philipps, STMV Verlag, ISBN: 978-3-87820-123-6